Einfache Frage – größtmöglicher Wert: die Navigator-Frage

Es gibt in der “Coaching-Branche” ein oft wiederholtes Dogma: Es gibt keine “Best Practices”.
Jede Organisation muss für sich selbst erarbeiten, wie sich ihre Teilnehmer am besten zueinander verhalten, um das Unternehmensziel zu erreichen.

So weit, so richtig.

Das setzt aber voraus, dass die Beteiligten genau wissen, was das Ziel der Organisation ist. Das wird nur allzu gern mit den Erzeugnissen der Organisation gleichgesetzt.
Ist das Ziel eines Automobilherstellers, Fahrzeuge herzustellen?
Oder ist es eher das Ziel die “Freude am Fahren” erlebbar zu machen?

Das Fertigungsergebnis PKW oder Motorrad ist dann nur das Mittel, um den eigentlichen Unternehmenszweck zu erreichen. Es geht dann auch nicht mehr darum, ob ein Fahrzeug gekauft, geleast oder geteilt wird, ob es mit Verbrenner oder elektrisch fährt. Das sind Optionen der Umsetzung.
Unabhängig von Besitz- und Eigentümerverhältnissen am Produkt und verbundenen Liquiditätsflüssen steht die Organisation immer für dieses eine, über allem stehende Ziel.

Gedacht, gesagt, getan

Wir müssen uns alle an unseren Taten messen lassen. Das ist sowohl das positive Tun als auch das Unterlassen.
Manchmal vergeht aber zwischen Gedanke, Wort und Tat eine erhebliche Zeitspanne. Wird noch getan oder ist das schon Unterlassen?
Bevor wir die endgültige Tat beurteilen können stehen nur die Worte.

Noch etwas spannender wird es, wenn wir uns jenseits eines 1:1-Dialogs befinden. Wenn sich mehrere Partner auf ein gemeinsames Ziel verständigen, dorthin ausrichten wollen oder müssen. Dann kann es sehr mühsam werden, zunächst die umsetzende Handlung des einen abzuwarten bevor weitere Partner darauf reagieren können – Wasserfall ;-). Wenn wir sogar erst einen Fehlschlag abwarten müssen, bevor eine Handlung vorgeschlagen werden kann, von der jemand aus der Gruppe bereits sicher weiß, dass sie erfolgreich sein wird, dann ist das sogar ein sehr verschwenderisches Vorgehen. Es gibt nicht so viele Situationen in denen man sich ein solches Vorgehen leisten will oder kann.

Abhilfe: “Abstimmung im Vorfeld” – das gemeinsame Beratschlagen und Verabreden von nachgelagerten Handlungen in bestimmter Reihenfolge und zu bestimmten Zeitpunkten.

Soweit so vertraut.

Die Schwierigkeiten stecken wie immer im Detail. Viele Probleme entstehen daraus, dass unausgesprochene Annahmen getroffen werden. Jeder Beteiligte hält einen oder mehrere Aspekte für Selbstverständlich und “nicht der Rede wert”. Manchmal werden auch eigene Zielvorstellungen angelegt, anstatt die (vor längerer Zeit einmal vage verabredeten) Richtlinien der Gruppe zu Grunde zu legen.
So wird dann schon einmal technische Exzellenz oder “Modernität” mit Kundenzufriedenheit gleichgesetzt.
Dabei ist das eigentliche Ziel der Kundenzufriedenheit oft schon durch schnelle Lieferung oder rechtzeitige Verzögerungsmitteilung erreichbar.

Was können wir tun?

Das wichtigste Element in der Zusammenarbeit von Menschen ist die gemeinsame Basis. Oft wird behauptet, das seien Werte oder Glaubenssätze, Herkunft, Sprache oder soziale Zugehörigkeit. Mag alles sein. Wenn es aber darum geht, Handlungen auf ein gemeinsames Ziel hin auszurichten, dann gibt es nur eine wirklich zentrale Frage:

Worauf kommt es an?

Jedes Schweigen auf diese Frage, jede “hidden agenda” gefährdet das gemeinsame Ziel.
Zur Absicherung des Vorgehens ist es daher erforderlich, auch das “vermeintlich Selbstverständliche” zumindest als Schlagwort einmal auszusprechen.

Alles, was wirklich nicht der weiteren Rede wert ist, muss als Rahmenbedingung, Standard, Definition of Ready, Definition of Done und dergl. eindeutig verabredet und während der laufenden Iteration/Vertragserfüllung unverändert gültig sein.


Routing (Planung)

Um ein Ziel erreichen zu können, benötigen wir in einer dreidimensionalen Welt einen Fixpunkt, unsere aktuelle Position und die Zielposition.

Der Weg dorthin ist entweder gut bekannt (Kartenmaterial: Erfahrungswissen) oder mithilfe von Fähigkeiten (Lösungskompetenz) erkundbar. Wir können den Weg auf unterschiedliche Weise erreichen. Je nach Wahl des Transportmittels wird der eine oder andere Aspekt des überwundenen Gebiets für uns wichtiger oder hindert uns sogar. Wähle ich ein landgestütztes Fahrzeug, hindern mich Wasserstraßen. Wähle ich ein Schiff, behindert mich Land. Wähle ich ein Flugzeug interessiert mich beides nicht wirklich – bis mein Kraftstoff zur Neige geht.

True North

Zunächst ist also der unveränderliche Fixpunkt festzulegen.
Ein zentrales nautisches Instrument ist dafür der Kompass. Er erlaubt es eine Richtung zu bestimmen.

Die Kompass-Frage lautet also: wo ist mein unveränderlicher Fixpunkt?

Hier drängt sich die “Kundenzufriedenheit” auf.
Nur der ehrbare, zufriedene Kunde wird ohne Zögern und ohne Abstriche seine Gegenleistung (“Zahlung”) vornehmen.
Jeder Konflikt bei Übergabe und Gegenleistung deutet auf verdeckte oder offene Spezifikationsdefekte hin.

Relative Positionsbestimmung

Wenn wir wissen, wo der Nordpol ist, dann können wir mit einem anderen Nautischen Instrument bestimmen, wo wir sind.

Es gilt also zu bestimmen, wo das Vorhaben/Projekt/Produkt/Unternehmen aktuell im Bezug zum allgemeingültigen Fixpunkt, der vollständigen Kundenzufriedenheit, steht. Hier bietet sich bspw. das “Perfection Game” an.
[…]
This is a 7 out of 10. To make it perfect it/we need/s to

  1. ___ ___ ___ ___
  2. ___ ___ ___ ___
  3. ___ ___ ___ ___

Wahl des Transportmittels

Nun kommt der entscheidende Teil. Jetzt wo wir wissen, wo wir in Bezug zu unserem Nordpol stehen, können wir das Transportmittel zu unserem Ziel auswählen. Jetzt gilt es die Präferenzen im Kontext des Vorhabens (sic!) festzulegen. Schnell, bequem oder günstig?

Worauf kommt es an?

Navigation in der Praxis (Umsetzung)

Je nach Rolle und Fortschritt des Vorhabens wird die Navigator-Frage (“Worauf kommt es an?”) gestellt oder als Aussage zur Bestimmung der aktuellen Position genutzt.

Die individuellen Antworten sind die Navigationspunkte an denen wir uns im Kontext des aktuellen Vorhabens (und nur diesem!) orientieren.

  • Vertrieb: “worauf kommt es Ihnen an?”
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
  • PO: “darauf kommt es dem/den Kunden an:”
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
  • Entwickler: “kommt es dem Kunden darauf an?”
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
  • Qualitätssicherer: “ist es das, worauf es dem Kunden ankommt?”
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
    • ___ ___ ___ ___
  • ACK: check!

Tipp:
Es sollten in der Kommunikation zwischen Kunde und Lieferant genau drei Punkte sein, auf die es wirklich ankommt.
Mehr verwässert die Aussage, weniger macht sie “eindimensional” 😉

Allgemeinplätze wie “PREMIUM-Anspruch”, “das Beste oder nichts”, “100%-Anspruch”, “was wir machen, machen wir richtig” sollten entweder als Standards definierbar sein oder komplett ignoriert werden.

Have a safe journey!

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