Wer bekommt’s?

Im Rahmen der Blogparade zu #newPay wurde ich bereits zu einem Artikel inspiriert.

In den nachfolgenden Gesprächen wurde ich dem Umstand gewahr, dass das Thema aus meiner Sicht noch nicht abschließend dargestellt wurde.
Im zurückliegenden Artikel habe ich darauf fokussiert, ob man überhaupt für Arbeit bezahlen sollte, in welcher Währung man das tun kann, wenn man sich dazu entschließt und was genau man bezahlt.

Das Thema hat aber auch noch die Anreiz-Komponente (Motivation) und einen betriebswirtschaftlichen Aspekt.
Nach einer sehr vereinfachten Weltsicht kann man nur das verteilen, was man hat. Nehmen wir das mal so hin, obwohl es in vielerlei Hinsicht zu kurz gesprungen ist.

Es müssten also zunächst Gewinne erwirtschaftet werden, bevor Löhne und Gehälter gezahlt werden können. Das Bundesdeutsche Arbeitsrecht sieht das etwas anders. Dort wird davon ausgegangen, dass für Leistung gezahlt wird. Ob daraus ein Gewinn für die Organisation oder gar die Gesellschaft entsteht, wird zunächst nicht berücksichtigt.
Und schon haben wir die Zeitkomponente in der Diskussion.

/Beudeutung von Zahlung

Der Sohn einer höheren Führungskraft erzählte mir einmal, sein Vater riefe zu Beginn eines Banketts das Service-Personal zusammen und zeigt Ihnen die Summe des Trinkgeldes, die es zu verteilen gibt. Meist sei es ein Mehrfaches der jeweils größten Scheine der betreffenden Währung. Die Hälfte des Betrages übergiebt er sofort. Für den Gesamtbetrag macht er zur Bedingung, dass jeder den gleichen Anteil erhält für den Fall, dass er und seine Gäste zufrieden seien.
– In der Regel sind sie begeistert.

Warum die jeweils größten Scheine? Immerhin musste dafür jemand zu einer Bank und diese extra beschaffen. Kartenzahlung wäre doch viel einfacher …
Die großen Scheine können nicht vor Ort und sofort an jede Person gleich verteilt werden. Keiner kann an dem Abend damit etwas anfangen. Keine Tankstelle, kein Kiosk akzeptiert sie. In der Nacht kann und will sie niemand wechseln.
Es erzeugt aber einerseits das Gefühl, bereits etwas (geleistet) zu haben und andererseits hat man es noch nicht wirklich und noch nicht für sich allein, sondern nur in der Gemeinschaft. Nur wenn alle gemeinsam eine überzeugende Leistung abliefern, erhält jeder seinen persönlichen Anteil vom Trinkgeld. Um diesen Anteil zu erhalten, muss jeder einzelne nicht nur auf sich, sondern auch auf sein beeinflußbares Umfeld achten.
Nach Erreichen des Ziels (zufriedenstellender Bankett-Abend) sollte man noch einmal zusammenkommen, um den dann teilbaren Trinkgeldbetrag zu verteilen. Im Gesellschaftsrecht heißt das “Auseinandersetzung”. Das reine Verteilen von Scheinen wird sicherlich nicht das einzige sein, was man teilt, wenn man noch einmal zusammenkommt …

Ein sehr wirksames Vorgehen. Leider nur auf sehr begrenzte Kontexte anwendbar.
Treten wir aber ein paar Schritte von der Bankett-Tafel zurück und schauen uns an, was es alles zu betrachten gibt.

/Zahlung im Voraus

Die Organisation zahlt, bevor die Arbeit beginnt, um zunächst einmal die Möglichkeit zu schaffen, Beiträge in das Vorhaben oder die Organisation einzubringen. Das ist der Gedanke hinter Antrittsprämien oder ein Ursprungsgedanke hinter dem Beamtentum. Das Risiko der ausbleibenden Gegenleistung verbleibt dann weiterhin bei der Organisation.
Der Erfolg ist vollständig von Vertrauen auf beiden Seiten abhängig. Das Risiko aber einseitig positioniert.

/Zahlung für Leistung

Zahlt die Organisation für eine eng umreißbare Leistung?
Bspw. im Stückzahl-Akkord?
Das berücksichtigt die Auswirkung der Gegenleistung nicht.
Das Erfolgsrisiko liegt voll bei der Organisation.
Dieses Risiko kann die Organisation eingehen, wenn sie genau ausmachen kann, ob der fragliche Beitrag eine Chance auf Ertrag und damit Gewinn bedeutet. Auf diese Weise werden Skalierungseffekte auf der Seite der Organisation aggregiert.
Eigentlich eine “saubere Sache”, wenn da nicht der Aspekt mit dem dem fehlenden Verständnis für die größeren Zusammenhänge wäre, den man im Alltag allzu oft antrifft.
Aus Fehlverständnis wird Unzufriedenheit und daraus schnell Neid und Missgunst.

/Zahlung für Erfolg

Oder zahlt die Organisation nach Erbringung der Leistung und aufgrund der Beurteilung ihrer Auswirkung, abzüglich aller Gemeinkosten. Wird also ein Gewinnanteil auf die Beteiligten verteilt?
Dieses Vorgehen stellt das geringste Risiko auf allen Seiten dar. Es erfordert aber den langen, finanziellen Atem des Unternehmers im Arbeitnehmer und ein Vertrauen der Leistungserbringer in den Rest der Organisation. Immerhin erzeugen die übrigen Organisationsteile Kostenbelastungen (Gemeinkosten) und schmälern damit den verteilbaren Gewinn.

/es ist doch nicht alles schlecht

Dieser Tage werden Bonus-Systeme aufgrund vielerlei Exzesse angeprangert.
Die kritische Auseinandersetzung mit diesen Exzessen ist begrüßenswert. Sie hilft zum Kern des dahinterliegenden Gedankens vorzudringen und ihn von den Verblendungen zu befreien, die in den letzten Dekaden davor aufgebaut wurden.

Die Exzesse mit dem Stichwort “Managergehälter”, “Gehaltstransparenz” usw. speisen sich aus meiner Sicht aus unterschiedlichen Quellen.
Einerseits aus der Verkennung der Systematik – was zu Neid, Missgunst und dergleichen führt. Andererseits aus der Quelle der Fehlallokation.

Einzelne Personen haben sich in die Lage versetzt, große Summen Geldes und individuelle Privilegien bei ihrer Person zu allokieren. Das gelang ihnen, indem sie das System verstanden haben, es zu nutzen wußten und oftmals in die von ihnen beabsichtigte Zielrichtung verändert haben.

Und wofür werden diese Menschen “belohnt”?
Um es ganz klar zu machen: es sind nur sehr wenige Menschen bereit, 40 Jahre Ihres Lebens permanent in Frustration und Angst zu ertragen und diesen Alltag gegen Geldbeträge einzutauschen. Der oft übersehene Umstand ist, dass eine sog. “Führungskraft” unterhalb eines Konzernvorstandes, im Wesentlichen Verwalter (“Manager”) ist und in den allerseltendsten Fällen Vordenker und Leitbild (“Leader”). In der Natur dieser Sache liegt es, dass sich eine Führungskraft ab der untersten Hierarchie-Ebene ausschließlich mit Abweichungen vom “oben” vorgegebenen Zielbild beschäftigen muss. Das zehrt an den Kräften, prägt die Weltsicht und wichtet letztlich bestimmte Anteile der Persönlichkeit schwerer. Das alles führt dazu, dass ein “bestimmter Typ” Mensch in die Führungsetagen großer Organisationen gelangt, während der Rest der Bevölkerung ein halbwegs erträgliches Leben führt.

/zur Einordnung

Ich bin heil froh, dass meine Kinder nach etwa drei bis vier Jahren einigermaßen eigenständig spielen können. Das gibt mir mentalen und energetischen Freiraum, mich zumindest teilweise um andere Angelegenheiten zu kümmern. Wenn da nicht der Kleinste wäre …

Ich kann mir nicht vorstellen, den Zustand der ersten drei Lebensjahre eines Kindes auf eine Zeitspanne von 40 Jahren auszudehnen. Das ist aber der Alltag einer Führungskraft im sog. “mittleren Management”. Man mag einwenden, dass es sich beim Umfeld eines Managers um “erwachsene” Menschen handelt. Letztlich ist es aber in allen Fällen das statuieren eine Zielbildes und das Korrigieren von Abweichungen von diesem Bild.
Und wehe, wenn sich “Mama” und “Papa” auch noch uneins sind …
“Manager” erhalten üblicherweise Gehälter ab dem mittleren fünfstelligen bis in den hohen sechsstelligen Bereich. Aus meiner Sicht wiegt das deren Gegenleistung kaum auf – wenn man überhaupt bereit ist, seine Lebensenergie gegen Geld einzutauschen.

/der verborgene Sinn hinter dem Bonus

Nach meinem Verständnis ist der tiefere Sinn des Bonusses, erfolgreiches Handeln attraktiv zu machen.
Ein Begriff dafür ist “Anreizsystem”. Man zahlt ein so genanntes Grundgehalt, damit die handelnde Person in die Lage versetzt wird, ihre laufenden Unkosten während des Erbringungszeitraums zu decken (s. “langer Atem des Unternehmers”). Der Bonus ist dafür vorgesehen, Erfolg auszudrücken und den Anreiz für dem Erfolg zuträgliches Handeln zu setzen.

Abgesehen davon, dass Geld aufgrund seiner Abstraktheit schnell seine Wirkung verliert, passiert m.E. der Fehler beim Anwenden des Werkzeugs Bonus bei der konkreten Umsetzung. Wenn eine offen und transparent zu erbringende Gemeinschaftsleistung dazu führt, dass ihr Resultat separiert, einseitig überbetont und diskret verteilt wird, dann führt das zu Irritationen.
Der Außenstehende vermisst die Nachvollziehbarkeit und eine überzeugende Begründung, der Betroffene empfindet Ungerechtigkeit. Übrigens, oftmals auf allen Seiten. Sowohl beim Zuwendungsverteiler (bspw. einem sog. “Teamlead”), beim Zuwendungsempfänger als auch bei denen die wenig oder gar nichts erhalten. Es stellen sich mindestens Zweifel über das Vorgehen ein.
Der Fehler rührt aus der loslösenden Individualisierung einer Gemeinschaftleistung her.

/der Kuchen

Stellen wir uns einmal das, was verteilt werden kann, als einen Kuchen vor.
Ja, ein solcher Kuchen ist endlich.
Wenn man ihn in Geld misst, dann ist die maximale Größe des Kuchen, die gesamte geschöpfte Geldmenge in der betreffenden Währung.

Aber wenn man andere Währungen wie Erfahrung, Erkenntnis, Freizeit oder weitere Möglichkeiten wie Zugang zu Wissen, Kontakten und Material hinzunimmt, dann ist die Größe des Kuchens variabel und vor allem in vielen Dimensionen messbar.
Nicht nur in Kalorien.

Was also verteilen?

/den Einklang schaffen

Absolute Herrschaft eines einzelnen oder weniger ist in vielerlei Hinsicht maximal anstatt optimal. “Es ist einsam an der Spitze”

Indem sich pyramidal alles zur Spitze hin konzentriert, aggregiert und abstrahiert geschieht folgendes:

“Die Spitze” entfernt sich naturgemäß immer mehr von der Basis. Daten, Informationen und Sichtweisen dringen gefiltert, kuratiert und mitunter auch eingefärbt (verfälscht) in die so genannte “Führungsetage” vor. Die Basis der Entscheidung wird immer undeutlicher, während die Verantwortung für die Auswirkungen einer Entscheidung immer mehr zunimmt. Eine gefährliche Kombination.

Wirkung entsteht, wo Erkenntnis auf Fähigkeit zur Handlung trifft

Wenn eine Handlung erfolgreich ist, wird meist widerstandslos akzeptiert, dass der größte Lohn dort ausgezahlt werden soll, wo der gewichtigste Anteil erbracht wurde. Ohne großes Nachdenken wird das als “gerecht” empfunden und deshalb so bezeichnet.

Aber lässt sich das heute überhaupt noch feststellen? Und wo mag der Anteil liegen? Unten oder oben? Ohne Richtung keine Wirkung – ohne Vortrieb keine Zielerreichung.

In §26 StGB heisst es “Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft.” Wenn wir das auf den Organisationskontext übertragen bedeutet das, der Ideengeber solle den gleichen Erfolganteil erhalten wie der Umsetzende. So ein Vorgehen wird gemeinhin als gerecht empfunden. Egal in welchem Kontext.

Nur wie bestimme ich diese Gleichheit der Anteile?
Die Zeiten von Stückzahl gehen dem Ende entgegen. Diese Meßgröße verliert also zusehens an Bedeutung – wenn sie diese jemals wirklich hatte.
Mono-Kausalität kann im Organisationskontext eigentlich nicht mehr gedacht werden, ohne dass man anfangen muss zu lachen.

Welche Beurteilungsmaßstäbe soll man also zugrunde legen?

Das betriebswirtschaftliche Instrumentatrium stellt u.a. zwei Instrumente bereit, die hier weiterhelfen können.

  • KLR – die Kosten- und Leistungsrechnung (Wie effizient wird gearbeitet?)
  • Die Wirksamkeitsrechnung (Wie effektiv wird gearbeitet?)

Erfolg setzt sich nach meiner Einschätzung aus diesen zwei Dimensionen, in Verbindung mit Zeit und Häufigkeit zusammen. Wer das Richtige auf die richtige Weise, anhaltend immer wieder tut, wird Erfolg wahrnehmen (messen) können.

Man muss “nur” das, was man anstrebt in messbare Werte übersetzen.
Man muss aber auch regelmässig und kritisch reflektieren, ob die einstmals festgelegten Erfolgsparameter (bspw. KPIs), weiterhin Bedeutung besitzen. Was vor zwanzig Jahren als erstrebenswert angesehen wurde, ist es heute oftmals nicht mehr.

Auch dafür gibt es Instrumentarien. Dieses Mal haben sie sich in der Politik bewährt.

  • Diskussion (Aggregation von Perspektiven und Aspekten) und
  • gemeinschaftliche Willensbildung (Abstimmung)

Damit wird nichts ideal, aber vieles besser als wenn man es dem Zufall und mglw. der Willkür des Einzelentscheids überlässt. Die gemeinschaftliche Willensbildung wird länger dauern, die damit erreichte Stabilität aber auch länger anhalten. Und wenn organisatorische Systeme eines brauchen, dann ist es die andauernde Stabilität der Wirkbedingungen.

/wie also Vorgehen?

Fragt man den Einzelnen nach seinem Anteil am Erfolg, dann wird man selten erleben, dass einer eine Gemeinschaftsleistung für sich reklamiert. Aber wenn man die Einschätzung der Einzelleistung in Prozentbeträgen vom Ganzen angeben lässt und diese am Schluß der Befragung zusammenzählt, dann wird man in der Regel jenseits von 100% liegen. Solche Ergebnisse sind wissenschftlich belegbar und beruhen auf einer oder der einer Kombination mehrerer Wahrnehmungsverzerrungen.

Wenn man sich also dessen bewusst ist, dann kann man diesem Effekt entgegenwirken, indem man der Selbsteinschätzung eine Fremdeinschätzung gegenüberstellt. Der Abgleich dieser beiden Einschätzungen kommt dann einem Ideal näher. Ein Zusatznutzen entsteht daraus, dass die an der Abwägung Beteilitgten das Resultat nachvollziehen können, wenn sie das Vorgehen im Vorhinein akzeptieren und die Parameter selbst und damit ebenfalls nachvollziehbar bestimmen können.

Einem Gefühl von Ungerechtigkeit kann so bereits im Ansatz begegnet werden. Das Ergebnis wird Ruhe in der Organisation, Zufriedenheit mit dem Ergebnis und ggf. Ansporn zu dessen Veränderung sein. Das alles sind Ziele, von denen man liest und hört, dass sie als erstrebenswert angesehen werden.

Wie mache ich es also?

/bestimmendes Kriterium: individueller Beitrag

Bei diesem und dem darauffolgenden Lösungsansatz wird der zu verteilende Beitrag, der als Lohn oder Gehalt ausgezahlt wird, in zwei Teile geteilt.

Der eine Teil ist zur Deckung der persönlichen Grundkosten gedacht und wird durch die Anzahl der Empfänger geteilt – im Voraus bspw. im Monatsturnus.
Dieser Teil sollte mindestens den Betrag der so genannten Grundsicherung und in Zukunft mglw. den Betrag des BGE (Bedingungslosen Grundeinkommens) umfassen. Gerne natürlich auch ein Vielfaches davon.

Vorteil für das Unternehmen? Ein kalkulierbarer Mindestbetrag (anhand “headcount”) ohne erschreckende Abweichungen im Nachhinein – in welche Richtung auch immer. Für alle Seiten gilt ein im Vorhinein festgelegter Parameter, auf den man sich nach einiger Erfahrung in der Geschäftstätigkeit – mindestens drei Jahre – “verlassen” kann.

Der zweite Betrag ist der erwirtschaftete Überschuß – im Nachhinein. Von ihm werden Gemeinkosten und eine Risikorücklage abgezogen. Der verbliebene Teil kann verteilt werden. Muss aber nicht. Möglicherweise gibt es ja auch noch Investitionsprojekte, Anteilseigner und andere Interessenten für eine finanzielle Zuwendung.

Der Schlüssel für den zur Verteilung anstehenden Betrag berücksichtigt die individuellen Anteile am Erfolg, nicht nur einen einseitig optimierten Parameter wie Stückzahl. Es ist vielmehr ein Multiplikator aus den Dimensionen Effizienz und Effektivität.

Mithilfe der Parameter zur Effizienz und Effektivität lassen sich Problemfelder abbilden, die nach meiner Wahrnehmung die heutzutage hauptsächlichen Schwierigkeiten beim Erreichen von Gehaltsgerechtigkeit darstellen.

Wie stelle ich darüber Vergleichbarkeit her?

newPay_matrix
Oftmals verblüffend: 80% x 80% ≈ 2/3

Nehmen wir an, es liessen sich sowohl 100% Effektivität als auch 100% Effizienz erreichen. Beides in Kombination ist in der Praxis weder möglich noch erstrebenswert. Ein einigermaßen ausgewogenes Vorgehen wird entsprechend den Erkenntnissen von Vilfredo Pareto und bspw. der Warteschlangentheorie bei etwa 80% des erreichbaren Maximums sein Optimum finden – in Multiplikation also bei 64. Jeder Schritt darüber hinaus muss entweder maximal präzise erfolgen (Spitzensport, speziell high-tech Motorsport) oder wird durch überhohen Einsatz von anderer Stelle “erkauft”.
Eine einseitige Maximierung ist demnach immer wirkungsärmer als eine mehrseitige Optimierung – und sehr viel aufwendiger.

Wir alle wissen das “instinktiv” und deshalb sind nur wenige Menschen überhaupt bereit an die Grenzen zu gehen oder darüber hinaus.
Die, die es tun, erkaufen sich den Erfolg in einer Dimension teuer in einer anderen – bspw. Familie, Privatleben oder Lebensalter.

Dennoch gibt es Schritte der persönlichen Entwicklung, die es zu gehen lohnt und die zum Gesamterfolg spürbar beitragen. Ich ziehe hier die drei Stufen der Entwicklung in der asiatischen Perspektive heran. Sie werden Shu-Ha-Ri genannt und bedeuten in etwa Schüler, Geselle und Meister.

Der Schüler sieht zu und ahmt nach. Gute Schüler verstehen früh, noch bessere können schnell mit eigenen Worten erläutern. Der Geselle kann vorgegebene Tätigkeiten eigenständig ausführen, verstehen, erklären und wiederholt in gleichbleibender Qualität reproduzieren.
Der Meister seinerseits kann in höchster Geschwindigkeit und Vollendung immergleiche Tätigkeiten ausführen, hat diese verinnerlicht, kann sie mit unterschiedlichen Worten erklären, findet genau die Vermittlungsweise, die ein jeweiliger Schüler benötigt und ist darüber hinaus in der Lage ohne äußerlich bereitgestellten Rahmen, jederzeit und überall die zur Zielerreichung erforderlichen Tätigkeiten ausführen und Bestehendes an sich verändernde Umstände anzupassen.

Das ist jetzt nicht ganz das, was ein deutscher Industriemeister üblicherweise vermag. Solche Personen sind durch das Umfeld (industrieelle Reproduktion) darauf begrenzt, hochqualifizierte Gesellen zu sein. Meister nach asiatischer Vorstellung entsprechen dann eher einem MacGyver – nur viel schneller – so etwa wie Bruce Lee.

Jeder kann nun für sich selbst entscheiden und Kollegen zur Referenz einordnen, wo die Beiträge der jeweilig zu beurteilenden Person im Kontext des Unternehmens anzusiedeln ist. Das Endergebnis wird in einem offenen Plenum abschließend bestimmt. Der Weg dorthin kann diskret, sollte aber offen erfolgen.

newpay_ShuHaRi
Verortung persönlicher Reifegrade

 

/Korrektiv: Verhältnis in der Gruppe

Wichtig ist bei der Beurteilung des Reifegrads die Referenz zu den übrigen Mitgliedern der Belegschaft aber auch dem absoluten Umfeld. Viele neigen dazu, Ihre eigene Welt als Außengrenze zu sehen. Das ist verständlich aber auch gefährlich – gerade in Zeiten des Wachstums. Ein üblicher deutscher Konzernmitarbeiter mit ordentlichem Auskommen und solider Ausbildung kommt nach dieser Martix hier auf etwa 25 bis 30 von erreichbaren 100. Wenn man aber ausschließlich von solchen Menschen umgeben ist und keine Fluktuation herrscht, dann neigt man dazu die halbwegs objektiven 30, als 100 anzunehmen und sich bei äußerlich betrachtet ähnlich Handelnden kleinteilig zu differenzieren / Schadensregulierung M–Z.

Aus der Spanne von 25 bis 30 wird plötzlich eine angenommene 25 bis 75 mit nuanciellen Differenzierungen, die zwar intern gut funktionieren mögen, für den externen Nutznießer (Kunden) aber nicht in diesem Ausmaß Wirkung entfalten.

Andererseits ist es auch nicht allzu dramatisch, weil der zu verteilende Betrag jeweils gleich bleibt und ein Streit nur um den jeweiligen Anteil daran verläuft. Wenn alle Beteiligten einigermaßen homogon agieren und ein vergleichbares Tätigkeitsfeld bedienen, dann wird man sich in einem offenen Austausch ebenfalls nah beieinander befinden.
Wo findet man solche Bedingungen? Genau. Richtig. In einem tayloristisch geprägten Verwaltungsapparat der so groß ist, dass mehrere Personen eine vergleichbare Tätigkeit ausüben. Je geringer die Personenzahl und je konzentrierter unterschiedliche Aufgaben auf diese Personen übertragen werden, um so weniger vergleichbar sind zwei Personenanteile miteinander.

In meinem Arbeitsumfeld begegene ich laufend Personen, die zwar begrifflich die selbe Rolle ausüben, aber so dermaßen unterschiedlich, dass ich mich schwer tue, diese Personen in einen bewertenden Zusammenhang zu setzen. Ich kann beschreiben was sie tun, wie sie es tun und welche Auswirkungen das hat. Ich kann allerhöchstens den Deckungsgrad ihres Handelns mit einem angenommenen, idealen Zustand in Verbindung setzen. Die Personen miteinander zu vergleichen fällt mir dabei extrem schwer. Was würde ich also in so einem Szenario zur Bewertung tun?
Ich würde das Perfection Game heranziehen. Wenn es in Bezug auf Effizienz noch etwas zu steigern gibt, dann zieht jede erforderliche weitere Schritt vom Optimalzustand (8) einen Punkt ab. Genau so in Bezug auf Effektivität. Was fehlt zum optimalen Meisterhandeln? Was wurde noch nicht gezeigt? Auch hier gibt jeder mögliche Schritt, der noch nicht gegangen wurde einen Punkt Abzug.

Warum nicht vom Maximalzustand (10) abziehen?
Es sind immer weitere Schritte denkbar.
Wenn ich blindlings jede mögliche Vergrößerung in einer Dimension als den zu gehenden Weg bezeichne, nur weil es möglich ist, ende ich im Bereich der über-optimalen Maximierung. Ich muss also auch einen Bereich beschreiben können, der jenseits des Optimum liegt. Wenn ich Auslastung und Warteschlange dafür hernehme, dann zeigt sich eine Über-Auslastung bei einer Warteschlange jenseits von 1. Immer dort, wo mehrere Vorgänge länger warten, agiert jemand oder etwas außerhalb seines optimalen Wirkungsgrades und meist oberhalb seiner optimalen Auslastung. Das gilt für den Kassenbereich im Handel genauso wie für Silizium-Prozessoren oder Mediziner, die oftmals sehr aufwendig gestaltete Wartebereiche als zu ihrer Tätigkeit gehörig akzeptiert haben.

Aber was, wenn wir etwas Neues entdecken? Das konnten wir doch zuvor nicht mitbewerten.
Wie gehen wir damit um? Dann verändert sich doch alles.
Ja tut es. Aber nicht in einseitiger Abweichung, sondern in Bezug aufeinander!
Es gibt immer einen zu verteilende Betrag (“Kuchen”). Wenn nun jemand einen Schritt weiter als andere gegangen ist, dann definiert das einen neuen Maßstab (“Torte” oder “Blechkuchen”). Fortan wissen wir, was zusätzlich möglich und mglw. sogar erwünscht ist, um sich dem Optimum anzunähern. Der eine Pionier erhält einen größeren Anteil, andere nun einen geringeren prozentualen Anteil vom verbesserten oder größeren Kuchen. Es profitieren auch diejenigen, die den Schritt nicht gegangen sind.

Anders ausgedrückt: was ist den einzelnen Personen lieber?
Gleichbleibend 10 % von 1.000 oder 7% von 2.000? Ein Stück vom Frankfurter Kranz oder lieber zwei Stück Butterkuchen?

Aber führt das nicht dazu, dass der Innovator aufhört, zum Erfolg beizutragen?
Nicht zwangsläufig. Ich vernahm, dass bei Porsche Millionäre am Montageband stehen. Diese Menschen haben im Rahmen eines betrieblichen Vorschlagswesens Anregungen eingebracht, die eine messbare Verbesserung erzielt haben.
Die Produktivitätssteigerung wird anteilig und in mit der Zeit abnehmendem Ausmass vergütet. Mit den Jahren kommen bei den Innovatoren beachtliche Wohlstandssteigerungen zusammen.

/bestimmendes Kriterium: Bedarf

Man kann aber auch bedürfnisorientiert vorgehen. Auch hier wird wieder ein Grundbetrag für laufende Kosten bezahlt. Der variable Vergütungsanteil bemisst sich nun nicht am Beitrag, sondern an der Bedürftigkeit des Beteiligten.

Das kann mitunter befremdliche Zwischenstände ergeben.
Im Wesentlichen, weil man sich bei der Entlohnung an dumpfe Zusammenhänge gewöhnt hat. Plakativ gesagt wären das

älter = mehr
länger = mehr
mehr = mehr

Eine wahre Kausalität zwischen dem Beitrag und der Zuwendung ist in der Regel nicht aus dem Beitrag und seinem Anteil am Gesamtergebnis ableitbar.
Es ist vielmehr so, dass der erwünschte und hoffentlich erfolgende Beitrag ein Ergebnis der Zuwendung ist. Die Zahlung ist ein Vorschuß auf die Zukunft. Ganz so, wie wir es bei unseren Kindern halten.
Noch können sie nichts Wesentliches zum Erhalt der Familie beitragen. Aber sie werden dereinst einmal.

Wenn man jung ist hat man viele Träume. Die drücken sich in Wünschen und realen Bedürfnissen aus. Gleichzeitig hat man materiell verhältnismäßig wenig, kaum Berufserfahrung, eine hoffentlich gute Ausbildung und Energie nahezu im Überfluß. Die jeweiligen Parameter verändern sich im Laufe der Zeit und mit den Erfahrungen, die man macht. Irgendwann nimmt der Bedarf an materiellen Gütern ab, die Energie lässt nach, aber die Anforderungen aus dem familiären Umfeld steigen. Kranke Kinder, KiTa-Schließzeiten und Elternabende werden mehr, Parties und Festival-Trips werden (leider) weniger. Erfahrung mit Menschen und Arbeit steigt. Das alles verbirgt sich hinter Begriffen wie “Junior” und “Senior” als Reifegraden. Sie werden gern mit Karrierestufen verknüpft, die bestimmte Vorbedingungen mit sich bringen. Das alles gibt es möglicherweise im Umfeld der Organisation oder eben nicht (mehr).
Alles das sind Einflußfaktoren, die ihre Berücksichtigungen finden dürfen und müssen.

  • Gerechtigkeit ist nicht nur, wenn alle das selbe bekommen.
  • Gerechtigkeit ist auch, wenn jemand bekommt, was er oder sie benötigt.
  • Gerechtigkeit ist auch, wenn jemand, der einen entscheidenden Beitrag leistet, einen großen Betrag erhält – auch wenn für diesen Beitrag “wenig” Zeit aufgewandt wurde.

Um es mit Picasso zu sagen:
damit ein Meisterwerk in 15 Minuten entstehen kann, braucht es auch die 30 Jahre bis dahin.

Bedarfsorientierte Bezahlung zahlt sich dort aus, wo die “Quitting Economy” noch nicht vollends um sich gegriffen hat. Die bedarfsorientierte Zuwendung ist eine Investition.
Sie kann zur Fehlallokation werden, wenn die Person in die investiert wurde, die Organisation verlässt, bevor die Investition Früchte tragen kann.

Sie kann aber auch darüber hinaus Bestand haben.
Es ist wahrnehmbar, dass bestimmte Organisationen ihren Einflußbereich vergrößern und über Alumni-Netzwerke auch über den Organsiationsaustritt hinaus absichern.
So kann es vorkommen, dass jemand als “Ehemaliger” wahrgenommen wird, der in seiner aktuellen Position eine viel weitreichendere Wirksamkeit entwickelt
– “what ever it takes!”

/der Schritt zum Erfolg

Überraschenderweise ist es weniger erheblich, welchen Bewertungsmaßstab man anlegt. Unzufriedenheit rührt aus einem anderen Aspekt her. Und Zufriedenheit kann hergestellt werden, egal auf welchen Maßstab sich das Regelwerk zur Vergütung stützt.

Ein wesentlicher Schlüssel zur Stabilität durch Akzeptanz wird über Transparenz erreicht. Wenn Algorithmus und seine individuellen Parameter offen liegen und ihre Bestimmung sowohl für die Nutznießer als auch für die mittelbar Betroffenen nachvollziehbar gemacht wird, dann erzeugt das einerseits Akzeptanz auf beiden Seiten. Jeder kann die eigene Position bestimmen und daran arbeiten, diese Position zu verändern. In jede Richtung und zu jedem Zeitpunkt.

Die Verteilungsschlüssel werden also nicht im stillen Kämmerlein und im “Dialog” festgesetzt, sondern transparent in einem Plenum diskutiert und gemeinsschaftlich bestimmt.
Warum? Weil jeder – wissenschaftlich nachweisbar – eine verzerrte Sicht auf die Dinge hat. Man selbst schätzt sich eigentlich immer anders ein als eine Gruppe um einen herum.

Beispiel:
Ich habe für so manchen Vortrag in der Vergangenheit Bestnoten erhalten. Ich selbst war aber dennoch mit dem Geleisteten unzufrieden.
Manchmal war ich selbst sehr zufrieden mit mir, das Publikum vergab aber befriedigend bis gut (und nicht “sehr gut”).
Manchmal fand ich ein Thema wichtig, aber es fehlte die Anschlußfähigkeit. Die Leistung ging am Publikum vorbei. Die Ladungen zündeten nicht.

Was war nun der werthaltigste Beitrag? Für das Publikum war es mit hoher Wahrscheinlichkeit der Vortrag mit den Bestnoten mit dem ich unzufrieden war. Für mich waren es die Momente des Scheiterns, die mich dazu gebracht haben zu lernen. Allerdings tat ich das auf Kosten der Zeit derjenigen, die mich in meinem Scheitern erlebt haben. Der gemeinschaftlich erfahrene Misserfolg war jedoch erforderlich, um andersartige Erfolge in der Zukunft zu ermöglichen oder zumindest weiteres, gleichartiges Scheitern durch Resonanzbekundung (bspw. RoTI 1 und 2) zu verhindern.

/Bezugspunkte

Was soll also bewertet werden?
Rein opportunistisch das, was beim Empfänger (Publikum) ankommt?
In der “reinen” Wirtschaft könnte man das so machen.
Ohne Kunden kein Cashflow.
Und in der Bildung?
Sage ich dem Schüler, was er oder sie hören will? Oder eher was der Schüler nach meiner Einschätzung oder seiner Nachfrage braucht?
Wieviel Erziehungsauftrag hat die Politik?
Wieviel Opportunismus verträgt das Gesundheitswesen?

Wenn nun die anteilsbestimmenden Parameter in einer offenen Verhandlung zwischen dem direkten Nutznießer und den mittelbar Betroffenen bestimmt werden, ist die Wahrscheinlichkeit für Akzeptanz und Frieden durch Verständnis und Gerechtigkeit höher als wenn der bessere Verhandler aus einer Position mehr herausholt als der reflektierte und daher eher zurückhaltende Gesprächspartner.

Auch das gibt es: die hilfsbereiten, bescheidenen Kollegen, deren Licht erst durch die Gruppe unter dem Scheffel hervorgeholt werden muss, um ihren Anteil zu würdigen und bspw. in finanzieller Zuwendung auszudrücken.

Offene Gehaltsverhandlungen im Plenum erzeugen deutlich mehr als nur den Transfer eines Geldbetrages.

/Praxisanwendung

Das bis hier hin Beschriebene ist eine Utopie. Ich habe es so noch nicht vollständig erlebt. Ansätze dazu existieren aber schon.

Und eine Gewissheit bleibt ohnehin gültig: Es wird anders.
Wir wissen alle noch nicht, was anders kommen wird und was von dem anderen Bestand behalten wird.
Ohne, dass wir darüber nachdenken und Schritte in eine Richtung unternehmen, die wir für richtig halten, werden andere aktiv werden.
Dann kommt die Veränderung von außen und wir können nur noch auf sie reagieren anstatt das Andere aktiv zu gestalten.

Jeder wird eine Entscheidung treffen und sich entsprechend positionieren.
Soviel ist gewiss. Der Rest ist Verhandlungssache.

/Anwendungsbereich

Für wen eignen sich also die hier ausgeführten Gedanken?

Derzeit sind es noch sehr wenige Arbeitnehmer im Vergleich zur Gesamtzahl der Beschäftigten.
Selbstständige verhandeln ihre Einkommen ohnehin anders. Das könnte in mittelbarer Zukunft größere Relevanz erlangen.

Startups haben noch nicht die geschäftliche Stabilität derer es bedarf, um Kennzahlen verlässlich bestimmen zu können.
Nach meiner mehrfach gemachten Erfahrung dauert es bis ins vierte Geschäftsjahr, bevor sich Umsatzströme und Auslastung derart normalisiert haben, dass man Kennzahlen die notwendige Verlässlichkeit beimessen kann.

Braucht es überhaupt ein #newPay in der #newCompany?
Es gibt bei vielen “jungen Unternehmen” noch nicht die Differenziertheit in Lebensentwürfen, die auch eine Differenziertheit in den Auszahlungsbeträgen erfordern. Meist startet man homogen. Ähnliche Lebensalter, ähnliche Herkunft, vergleichbare Bedürfnisse. Meist finden sich “Frollegen” zusammen, die neben einer gemeinsamen Vision auch vieles andere teilen.

Größere Betriebe und Organisationen der öffentlichen Hand sind meist tarifgebunden und unterliegen den dortigen Parametern Ausbildung, Tätigkeitsprofil, Betriebszugehörigkeit und manchmal auch Lebensalter. Die manchmal gescholtetenen Tarifverträge sind jedoch nicht vom Himmel gefallen. Sie sind das Ergebnis von mehrjährigem Ringen über die richtigen Parameter bei der Festsetzung von Vergütungskorridoren und begleitenden Rahmenbedingungen wie Wochenarbeitszeit und Urlaubsansprüchen. Sie sind in einer Zeit entstanden, als eine solche Normierung hilfreich und daher sinnvoll waren.
Erwerbsarbeit bedeutete oftmals Stückzahl-Produktion. Nicht umsonst heißen viele Tarifpartner “Industriegewerkschaft …”.

Tarifverträge sind von der Natur her heterogener, jedoch mit der Tendenz zur homogenen, “berechenbaren” Vergütung.

Doch immer dort, wo wesentlich Ungleiches, möglichst gleich bezahlt werden soll, fangen die Konflikte an. Das ist dann der Umkehrschluß aus der Lehre, die das BVerfG hinter Art 3, I GG sieht. Die Auslegungshilfe lautet:

Dem Wesen nach Gleiches gleich behandeln.
Dem Wesen nach Ungleiches ungleich behandeln.

Dagegen wird in der Praxis viel zu oft verstoßen. Mit dem Ergebnis der “Gleichmacherei” von wesentlich Ungleichem.

“Gleiches Geld für gleiche Arbeit.” Ist zwar ein griffiger Schlachtruf nach Gerechtigkeit. Allerdings fängt die Schwierigkeit schon bei der Gleichheit der Arbeit an. Das geht vielleicht noch bei qm Raumfläche in mehrstöckigen Bürogebäuden. Allerdings wird es schon extrem schwierig bei der Incident-Bearbeitung einer Telefon-Hotline. Der eine Gesprächspartner weiß worauf es im Prozess oder “ihm” persönlich ankommt, der andere braucht eher jemanden zum Zuhören.
Wenn dann auch noch geschlechterspezifische Parameter dazukommen ist es erforderlich, auf beiden Seiten klar zu werden, ob die abgelieferte Leistung entlohnt wird oder ob die geleistete Vergütung eine Investition darstellt – bspw. in den Leistungszeitraum nach dem Ende der Elternzeit.

Das Verfolgen und überwinden der “gender pay gap” mag zwar hehren Zielen dienen, sollte jedoch in der Praxis nur dazu genutzt werden, um sich der Differenziertheit und Komplexität des Themas zu nähern. Alles andere endet in starrer Dogmatik, die wir hoffentlich in wenigen Jahren überwunden haben.

In meinem Kontext ist viele Arbeit ähnlich im Sinne von handwerklich gleich. Allerdings sind Inhalte und Beteiligte jedesmal derart unterschiedlich, dass ich für nominal gleiche Liefereergebnisse gleiches Geld bekomme, jedoch mit jeweils sehr unterschiedlichem Aufwand und oftmals qualitativ unterschiedlichem Ergebnis. Auch ich lerne täglich dazu und so sind die jüngeren Ergebnisse meist schneller erreicht als die älteren und die Qualität ist öftmals höher. Muss ich deswegen geringere Entgeltforderungen stellen oder heben sich Zeitaufwand und Qualitätssteigerung gegeneinander auf?

Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, die freiwerdenden zeitlichen Ressourcen in Wissensweitergabe und Zeit mit der Familie zu investieren, wovon wiederum meine Projektarbeit inhaltlich und qualitativ profitiert.
Ein ewiger Kreislauf.

/Zusammenfassung

Es ist gar nicht so wichtig,

  • auf welcher Grundlage,
  • in welcher Größenordnung und
  • mit welcher Gegenleistung

vergütet wird, um das Empfinden von Gehaltsgerechtigkeit herzustellen.

Viel wichtiger ist es, dass das Vorgehen zur Vergütungsbestimmung von den betroffenen Beteiligten mitgetragen wird. Das erfordert das Verständnis darüber,

  • was Bestandteil des eigenen Anteils an der Gesamtleistung sein kann und muss
  • was damit durch die Gemeinschaft erzielt werden soll oder wurde
  • das Akzeptieren nach welcher Regel Vergütung bestimmt und verteilt wird

Wenn es der Organisation dann auch noch immer wieder gelingt, Selbsteinschätzung mit Fremdeinschätzung in Deckung zu bringen, sind alle objektiven (rationalen) Kriterien für das Erreichen von Gerechtigkeit erfüllt. Dann müssen “nur noch” die subjektiven und allzu oft unausgesprochenen Kriterien sichtbar gemacht und objektiviert werden.

Was mag wohl die schwierigere Aufgabe sein?

/Handlungsaufruf

Wer sich für die Veränderung entscheidet, investiert in eine ungewisse Zukunft. Immer.

Egal in welcher Rolle. Ob als Erschaffer, Produzent, Käufer oder Nutzer, tut man dies im Vertrauen und in der Annahme darauf, dass diese Veränderung gegenüber dem herrschenden Zustand (Status quo) eine Verbesserung darstellt.

Nur sehr wenige Menschen handeln heutzutage in einem Umfeld, das von reiner Kompliziertheit geprägt wird und in dem daher mono-kausale Beziehungen nachweisbar existieren. Komplexität ist allgegenwärtig. Und das bedeutet gegenseitige und gleichzeitige Beeinflussung der Einzelnen im Kontext des Ganzen.

Der zugrundliegende Ablauf (“Fortschritt”) ist immer der selbe. Erst kommt das andere (das Neue), dann mehr davon und zuletzt die Verbesserung in der Qualität. Alles hat seine Zeit.
Es kommt darauf an, was die Organisation bezweckt und welchen Reifegrad sie jeweils aufweist. Am Anfang braucht es den wirklichen Meister, dann Schüler und Gesellen und zuletzt ein Tätigkeitsprofil, das im deutschen den Begriff “Industriemeister” trägt.

Die Zusammensetzung der Belegschaft und ihre Entlohnung sollte diesbezüglich einen möglichst hohen Deckungsgrad zum Reifegrad der Organisation aufweisen. Dann stellt sich eine hohe Wirksamkeit in der Zusammenarbeit ein und die Entlohnung entspricht am ehesten dem, was die beteiligten Betroffenen als gerecht empfinden.

  • Was gemeinsam erreicht wird, soll auch gemeinsam verteilt werden.
  • Was jeder für sich erreicht hat, darf der Einzelne nach seiner Entscheidung verteilen, muss es aber nicht.
  • Was gemeinsam erreicht wurde, darf nur dann durch einen Einzelnen oder wenige verteilt werden, wenn jeder Betroffene aus freien Stücken und gebildetem Willen damit einverstanden ist.

Lässt sich das Vergütungsmodell Ihrer (oder Deiner) Organisation mit diesen Kriterein messen?
Zu welchem Ergebnis kommt die Überprüfung?
Gibt es Anpassungsbedarf?

/etc

Dieser Beitrag ist mein zweiter in der Blogparade zum Thema “newPay”.

Den besten Überblick über das, was ich persönlich als teilenswert ansehe, gibt es auf meinem twitter-Kanal.

/Inspiratoren

/weiterführendes Material

Die ersten Schritte sind die schwersten.
Es muss sich etwas ändern, aber keiner hat eine genaue Vorstellung wohin?
Für diese Situationen habe ich ein Hilfsmittel entwickelt. Eine bestimmte Reihenfolge von Schritten ermöglicht die Vermeidung von Konflikten durch gemeinsame Konzentration auf das Ziel.
In 10 Schritten nähert man sich von einer beunruhigenden Ungewissheit (Ausgangspunkt) zur Zufriedenheit durch gemeinsam geschaffene Gewissheit (Endpunkt).
Der erste Schritt ist das Einnehmen von Augenhöhe.
Alles weitere hier:

/Lebewohl

Lebe lang, in Frieden und Wohlstand.
Mögen sich alle Bedürfnisse in Realität auflösen.

/berühmteletzteworte

Das Leben verläuft in Kreisen. Manche sind größer, andere kleiner.
An Ihrem Ende findet sich kein Ende, sondern ein neuer Anfang.

Sprich zu denen, die es angeht und teile, was Dir wichtig ist.
Sharing is caring.

3 responses to “Wer bekommt’s?”

  1. […] Wurf basiert auf einem wunderbaren Zuspiel von Alexander Gerber. In seinem Artikel Wer bekommt’s entwickelt er ein Modell, wie man die Entlohnung verteilt. Das heißt nicht notwendigerweise in […]

  2. […] Es wird diskutiert, wie wir – Führungskräfte – unsere Mitarbeiter*innen dazu bringen, eine gute Leistung zu erzielen oder auch, was uns dazu motiviert. Manche Bilder von Arbeit stammen dabei aus dem 20. Jahrhundert. Der Chef ist „Papa“ oder das Gehalt ist eher eine Art Schmerzensgeld für einen Job den sonst keiner machen will (Wer bekommt’s). […]

  3. […] Bonuszahlungen im Vertrieb sehen? Ich denke hier helfen die Überlegungen von Alexander Gerber in Wer bekommt’s […]

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