Das bestimmende Thema dieses Barcamps war Geld.
Im Vofeld, während der Vorträge, in den Sessions und auch in meinem privaten Umfeld ging es an diesem Wochenende um [Geld]. Mal, weil es abwesend ist, mal weil es anwesend ist und seine Wirkung entfaltet. Am Ende lies sich für mich das meiste dessen, womit sich die Menschen beschäftigen, auf Geld zurückführen.
Das begann schon mit dem Motto des diesjähringen Barcamps.
Let the 4th be with You!
In Anlehnung an Star Wars war das natürlich ein willkommenes Wortspiel. Im Englischen heißt es eben “Force” und nicht “Power” wie sich “Macht” ja auch zurückübersetzen lässt.
“Force” hat aber auch andere Bedeutungen. Im Deutschen kann man es auch mit Kraft oder etwas anders konnotiert mit “Gewalt” übersetzen.
Und das genau ist die Kehrseite von [Geld]. Es bewegt so manchen etwas gegen die eigene Überzeugung zu tun. Man hält ein Vorgehen für falsch und tut es dennoch, weil dafür ein erstaunlich hoher Betrag als Entlohnung winkt. Forscher haben das bereits in Studien beobachtet. Der beobachtete Zustand trägt den Namen “Kognitive Dissonanz”. Diese Wahrnehmungsstörung wird beschrieben als Abweichung zwischen dem als richtig angenommenen Verhalten nach eigener Überzeugung und dem als richtig eingeschätzten Verhalten, um systemkonform zu handeln. Die Integrität (Übereinstimmung) von Denken und Handeln ist gestört. Das Handeln ist korrupt – korrumpiert vom Einfluss des Geldes.
Es ist das Gegenteil dessen, was Peter F. Drucker als die Funktion des Geldes angesehen hat.
Geld ist die Folge des richtigen Handelns auf die richtige Weise.
Wer Geld dazu benutzt, das Falsche zu tun, wird das Ergebnis erhalten, das er bezweckt. Das Problem entsteht, wenn Geld zur Voraussetzung und Eingangsbedingung gemacht wird. Es wird kein Ergebnis erzielt, was aus sich heraus tragfähig und nachhaltig ist. Sobald der Strom des Geldes versiegt, bricht das System in sich zusammen, weil ihm die Nahrung entzogen wird. Jenseits der Legalität heißt so etwas “Schneeballsystem”.
Das ist nach meiner Ansicht der Grund, warum viele Systeme (aka “Konzern”) so viel Wert auf Effizienz legen. Der Energieaufwand, ein fehlerbehaftetes System aufrecht zu erhalten ist hoch. Man könnte es so lange anpassen (“tweak” & “tune”), bis es aus sich heraus tragfähig wird. Wenn das nicht in der vorgegebenen Zeit gelingt, braucht es Mechanismen, um die Überprüfbarkeit von außen zu hintergehen. Manche erschaffen auf einem solchen Weg “Abschalteinrichtungen”.
Wie komme ich auf diese Gedanken?
/Vorfeld
Conrad verfolgte im Frühjahr die Idee, David Marquet (“Turn the Ship around!”) als Sprecher zu gewinnen. Fazit: zu teuer für das, was er uns bringt.
Auch der übliche und kommunizierte Honorarsatz von Gunter Dueck überstieg das Leistbare. Einige meiner Gesprächspartner sehen in dem Preisaufruf eine Steuerungsfunktion. Die Ressource “Speaker” limitiert die Kommunikationsbeziehungen im Vorfeld durch die initiale Preisbarriere.
Das funktioniert, sobald das Produkt und seine Leistung bekannt sind.
Dort, wo ich operiere sind wir weit davon entfernt, Interaktion über Preis und Verfügbarkeit zu steuern. Dort wo ich agiere geht es darum, überhaupt erst einmal Effektivität zu erzielen.
/Tag I –Sonnabend
Radfahrt zur Spinnerei. Schön war’s. Willkommen zuhause.
/Eröffnung
Rolf und Michael begrüßten die Teilnehmer. Rolf erzählte einleitend die kurzen Geschichten zu den zwei Keynotes. In diesem Jahr sollten es eine weibliche Tonangeberin und ein männlicher Tonangeber sein.
Man wollte wohl einem Schicksal vorbeugen, das zuvor eine etablierte Fachkonferenz in Dresden ereilt hat. Die diesjährige Konferenz und mit ihr das gesamte Format implodierte, als das Geschlecht der Sprecher thematisiert wurde. Hintergründe hier, hier und hier.
Diversity Matters! Click To Tweet
Und was, wenn das Geschlecht auch noch mehr Einfluss auf die Bezahlung hat als der jeweilig geleistete Beitrag zum Wertstrom?
Das war einer der Ausgangspunkte einer Überlegung, die letztlich von einem Gespräch am Frühstückstisch, über eine Blogparade zu einem Buch mit dem Thema “New Pay” führte.
/Keynote “NewPay”
Nadine Nobile, Stefanie Hornung und Sven Franke haben ihre Erkenntnisse aus 10 Befragungen in einem Buch zusammengefasst.
Warum Sven vom Verlag als erster genannt wird, ist dann wieder so ein Punkt, der mich irritiert.
Nadine berichtete von den Interviews mit den 10 befragten Unternehmen. Sie haben 7 Dimensionen identifiziert, die für die neue Art der Bezahlung maßgeblich seien.

Mich hat es wenig verwundert, dass #Fairness dabei im Zentrum steht und eine Farbe bekommen hat, die man als “lila” identifizieren kann.
‘commodus’ steht übrigens für angemessen, genau richtig oder im Englischen: fair.
Interessanterweise ist ‘fair’ auch der Begriff, der dort für Markt oder Messe gebraucht wird.
Weiter im Text …
Nadine hatte eine tolle Herausforderung, eine LEGO-Challenge, als Übung für uns. Unsere Plätze im Zuhörerraum waren vorbereitet. Auf jedem Sitz befand sich eine kleine Auswahl an LEGO-Steinen. Wir sollten uns zu Dreierteams zusammenfinden – die erste gesteuerte Ungewissheit. Das Ergebnis war bestimmbar, jedoch nicht vorhersagbar. Wie genau es aussehen wird, wissen wir erst im Rückblick (Review) – ich sage nur: über 900 Millionen Kombinationsmöglichkeiten bei 6x 2×4-Steinen. Komplexe Mathematik. Wir waren 3 Menschen und hatten jeweils 3 ganz unterschiedliche Steine. Wir wussten zuerst nicht welche und wir wussten nicht, was wir erschaffen werden. Wir mussten uns etwas ausdenken.
Der Hack von unserem agile Leader: Begriffe geben.
Sein Begriff war “Brotwurst”. Und so erschufen Dagmar, er und ich die “Brotwurstschneidemaschine”.

Aber dann kam’s erst.
Nadine bat uns anzunehmen, unser Werk für 10€ zu verkaufen und den Erlös unter uns dreien aufzuteilen.
What happened in the Fight Club …
Oder: Lest mehr Bücher!
/Session Planning – A und O des Barcamps
Wie immer ordnete Peter die Sessions zu den Räumen durch das ‘Aaah’ und ‘Oouuu’ der Teilnehmer.
Resonanz in Reinkultur.
Wer damit nichts anfangen kann, hier eine Aufnahme von 2017.
/11-12: Valentin
Ich entschied mich für das Angebot von Valentin. Passenderweise fand das Gespräch im Bereich “Whatifwefly” der Launchlabs statt.
Valentin hat sich im Rahmen seiner Masterthesis mit Nachhaltigkeit und Ethik in Entwicklungsprozessen beschäftigt. Nach meinem Verständnis geht es ihm darum, nicht allein die Wirkung (Funktion) des gestalteten Gegenstands zu betrachten, sondern auch die Auswirkungen bei der Erzeugung, Benutzung und Entsorgung eines Gestaltungsobjekts.
Er stellte seine Kernerkenntnisse aus seiner Arbeit vor und lies uns eine großartige Übung machen. Im Wege des “Ja, und …” erschufen wir in wenigen Minuten den Gestaltungsrahmen für ein Barcamp in Ägypten.

Was uns in der Gemeinschaft einfiel, bestand aus lokal wenig belastender Durchführung, indem wir einheimische Ressourcen und Techniken nutzten anstatt “unsere” Zivilisation mitzubringen. Am Ende erschufen wir ein Konzept einer begrünten Oase mit Solarkollektoren, die ein Streaming der Sessions ermöglichen und nach dem Ende des Barcamps von den Einheimischen nachgenutzt werden kann.
Valentin fragte, ob uns noch ein Aspekt einfiele, den er bei seiner Thesis bisher nicht berücksichtigt habe. Mir fiel der Aspekt ‘Interaktion’ im Sinne einer ‘Resonanz erzeugenden unidirektionalen Kommunikation’ ein.

/Mahlzeit!
Während der Mittagszeit besuchte ich keine Session. Ich nutzte stattdessen das Angebot am Buffet und individuellen Gesprächen.
Ein von mir sehr geschätzter Gesprächspartner ist Heiko. Wir trafen uns bereits auf vielen Veranstaltungen. Durch ihn lernte ich seinerzeit Effectuation kennen.
Umso mehr freute mich sein Intro als er sich zu mir und einem Gesprächspartner gesellte.
Wo Du bist ist es immer spannend.
Das habe ich auch schon mal als Vorwurf gehört. So, wie er es sagte, nehme ich das als Kompliment und Tatsachenbeschreibung. Das ist nämlich genau der zentrale Aspekt, für den ich immer wieder Worte suche. Sobald etwas automatisierbar und damit in industriellem Maßstab herstellbar ist, verliert es mein Interesse. Meine Aufmerksamkeit gilt der Erreichung dieses Zustands. Mir geht es um das Herbeiführen des Moments, ab dem eine Sache beginnt, sich wie eine Welle und vermeintlich von selbst zu verbreiten. Dieser Moment, wenn etwas beginnt, ein Eigenleben zu entwickeln.
I have a dream … Click To Tweet/14-15
Ich brauchte und brauche weiterhin Inspiration und Reibung für das zentrale Thema in dem Buch, das der Company Pirate und ich seit einiger Zeit schreiben. Der mystische Ort, an dem sich dieser sagenhafte Fortschritt ereignet, hat von uns einen Namen erhalten.
Wir nennen ihn ‘Purple Space’.
Tobias und ich wissen, wie er aussieht und wie man dorthin gelangt. Ich suche nun nach den Signalen, den Schlüsselreizen und Worten, die andere benötigen, um ihn zu finden.
Deshalb lautet meine zweite Frage entsprechend: “Wie komme ich da hin?”
Ich habe an diesen zwei Tagen die Idee erneut verprobt. Ich bin weiter gekommen. Zufrieden bin ich noch nicht.
Viele meiner Dialogpartner signalisierten mir bereits auf dem Weg zum ‘Purple Space’ abgehängt worden zu sein. Es gibt noch viel zu tun …

Die Haftnotizen habe ich mir während der Session gemacht. Mit der hier gezeigten Anordnung habe ich die Stunde abgeschlossen.
/15-16
Die Zeit nach meiner Session habe ich mit Einzelgesprächen verbracht. Die meiste Zeit saß ich mit Volker zusammen und wir sprachen darüber, wie Kunden uns finden.
Ich beschrieb ihm mein Vorgehen.
Ich ignoriere die meisten Anfragen, weil sie bereits in ihrer Form zeigen, dass die Absender weder mich noch meine Fähigkeiten suchen. Manche Anfragen erwecken in ihrer Formulierung den Eindruck, der Suchende ist interessiert daran, zu lernen. Diese Anfragen sage ich qualifiziert ab. Manchmal nenne ich Kollegen, manchmal gebe ich einen Hinweis, wie die Suche besser formuliert werden könnte.
Und dann gibt es die Momente, die dann zu tatsächlichen Aufträgen führen. Die Kommunikation ist kurz, schnell und auf den Punkt. Meine aktuelle Haupt-Beauftragung entstand aus einem Telefongespräch von 8:52 bis 8:58 vor einer Telco.
Mein Kollege Norbert und ich passen dort beeindruckend gut.
Für Volker ist die Situation anders und deshalb ist nicht alles von meinem Vorgehen übertragbar. Nach meinem Eindruck stellt er sein Licht unter den Scheffel und so empfahl ich ihm, die Führung an den Kunden zu übergeben.
Kein “Power-Selling” aus seinem – imposanten – Bauchladen heraus. 🙂
Stattdessen empfahl ich, seine bestehenden Kontakte abzuklappern und die altbekannten Fragen zu stellen:
- “Bist Du mit der Situation zufrieden?”
- “Wo drückt der Schuh?”
- “Wobei kann ich helfen?”
Hinweis:
die Formulierung ist erheblich. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Taten. Wer fragt “womit kann ich helfen?” der verlangt eine Handreichung zugewiesen zu bekommen. Er fragt nach Instruktionen und macht sich zum Befehlsempfänger.
Wer fragt “wobei kann ich helfen?” erkundigt sich danach, was für die Organisation wichtig ist und kann eigene Ideen zur Unterstützung anbieten und einbringen.
Das ganze ist dann wieder ein Auto-Selektor.
Wer den Unterschied für unerheblich hält, wird ihn nicht erkennen und erkennt deshalb das gelieferte Signal nicht. Die größte Herausforderung ist für mich, diesen Zustand ertragen zu können. Ich selbst bin unheimlich schlecht darin, offensichtliches Leid anderer auszuhalten. Am liebsten würde ich jemandem, der den Unterschied nicht erkennt, sofort die Möglichkeit an die Hand geben, sein Leid zu lindern.
Die große Herausforderung ist dabei, nicht dem Silly-Valley-Syndrom aufzusitzen. Nur, weil etwas mein Problem löst, heißt das noch lange nicht, dass andere auch nur annähernd vergleichbare Probleme haben. Leid entsteht erst, wenn SOLL und IST so sehr abweichen, dass es weh tut.
Ich muss daher weiterhin lernen abzuwarten. Es geht um ihren Schmerz und nicht meinen. Es geht um Lösungen, die ihnen Linderung bereiten – nicht mir. Ich muss noch lernen, die Hand zu reichen und abzuwarten, bis die Person so weit ist und sie ergreift. Ich bin schlecht im Warten.
Ich übe das noch …
/16-17: “Sexy Ignorance”
Alexander Krause hatte ein Thema, das damit zusammen hängt und ein Klassiker auf diesem Barcamp und anderen Formaten ist.
Fakt ist, ich habe es “überall” mit Menschen zu tun, von denen manche nicht so recht wollen. Was mache ich mit denen?
Muss ich etwas mit den Menschen machen?
Ich habe die Diskussion nicht in allen Einzelheiten verfolgt. Stattdessen habe ich mit Volker über Führung, Meisterschaft, Jazz und Dirigenten gesprochen. Nach Volkers Auffassung ist der Dirigent das Instrument das spielt, was nicht in den Noten steht. Dem schließe ich mich sofort an. Ich erfuhr, dass zwei Meisterschülerinnen aus Asien das Cello perfekt spielen konnten, jedoch eine damit überfordert war “dreckig” zu spielen. Sie war bei “Ha” und scheiterte noch an “Ri”.
Und was mache ich nun mit denen, die entweder nicht wollen oder nicht können? In unserem Buch bieten wir für die “Alianz der Unwilligen” den Decider mit anschließendem Resolution Protocol an.
What does it take to get You in? Click To TweetMit diesem Vorgehen biete ich eine Gelegenheit, diese “Übrigen” ins Boot zu holen.
Es geht natürlich niemals um [Geld], sondern irgendwelche andere Gründe, die gegen eine Beteiligung sprechen. Indem man einen Anlass zur Kommunikation schafft, entsteht Erkenntnis und gegenseitiges Verständnis. Der Rest entsteht daraus.
Für die, die noch nicht können, halten wir eine andere Lösung parat. Sie steht im Kapitel “Das Rezept” in der Szene “Zutaten”. Wer sich mit Pair- und Mob-Programming sowie der ToC beschäftigt hat, wird sie (er)kennen.
/Wrap up und Ausklang in den Abend
Der Tag wurde dann in den Abend entlassen. Ich organisierte mir noch schnell bei Christof den Druck zweier T-Shirts. Eins für mich und eins für Tobias. Danke Dir!

Ich musste los zur Familie.
/Guten Abend, gute Nacht
Zuhause angekommen erwartete mich die Aufgabe, die Kinder bei ihren jeweiligen Freunden einzusammeln.
Kind 1 weilte an der Grenze von Plagwitz zu Lindenau. Die Straße war eng und ich bemühte mich einem Pizzaboten auszuweichen. Das fühlte sich merkwürdig an und beim Aussteigen sah ich warum.
Der Stoßfänger des Golf drückte in die Seitentür des T5.
Ich rief die Polizei und sollte mich gedulden, bis die Kollegen eintreffen.
Nach zwei weiteren Anrufen war ich bei der zuständigen Wache angelangt. Sie würden noch einmal versuchen, die Halterin zu erreichen. Sie hätten leider jetzt gerade Großlage und keine Funkmittel zur Verfügung (RB Leipzig begenete gerade Bayern München).
Mein Hinweis auf die Kinder wurde zur Kenntnis genommen.
Weitere 15 Minuten später wurde der Druck von innen dringend und ich betrat Reuschels Weineck.
Ich habe ein Auto gestreift und warte seit 45 Minuten vor der Tür auf die Polizei. Kann ich mal mit meinem Sohn auf Ihre Toilette? >>
<< Na klar. Unten links, erste Tür.
Danke. >>
[… auf dem Rückweg …]
<< Sie haben ein Auto gestreift?
Ja. >>
<< Ich glaube, das war das von Mama. Warten Sie mal.
[Mama Weiß geht vor die Tür. Sieht die Schramme und winkt ab.]
<< Vergessen Sie’s.
Wirklich? >>
<< Ja.
Danach Polizei angerufen. Erledigt.
Mein Sohn erlebte im wirklichen Leben, was passiert, wenn man offen und ehrlich mit den Menschen in den Prozessen umgeht.
Wir kamen 1h zu spät bei Kind 2 an. Die Mutter tobte währenddessen via Telefon. Der Schaden beläuft sich wohl auf etwa 1000€. Am Ende war es mir all das wert. Meine Kinder haben jetzt einen Anker, an den sie sich immer wieder zurück erinnern können.
Man kann mit jeder Situation so oder anders umgehen.
/Tag II – Sonntag
Am Sonnabend früh traf ich Thomas Wilhelm von Netresearch. Das war ein in vieler Hinsicht bemerkenswertes Zusammentreffen. Dort entwickelte ich das up2U-Protokoll, um den Mitarbeitern eine Hilfestellung zu geben, einander besser zu verstehen. Dort entwickelte ich die Idee des ‘Culture Hackspace’ als Proberaum, um aktiv und bewusst am Zusammenwirken miteinander zu arbeiten.
Das bemerkenswerteste für mich aber ist die Historie der Position, die ich dort übernahm. Die einen nennen es ‘Scrum Master’, die anderen Coach und wieder andere Transformationshelfer. Ich kenne meinen Vorgänger auf genau dieser Position im System und zwei meiner Nachfolger. Wir alle beschäftigen uns mit den selben Themen und verwenden viele ähnliche Worte und haben doch alle einen unterschiedlichen Blick auf das selbe. Diese Abweichung in der Wahrnehmung wird auch durch das Modell des Konstruktivismus bezeichnet. Die für HR verantwortliche Doreen kennt den Begriff und nannte ihn mir als ihr bestimmendes Denkmodell. Das besondere an unserem Verhältnis zueinander ist nun, dass trotz allen Wandels, diese Position weiterhin existiert und alle, die sie bekleidet haben, miteinander sprechen können. So profitieren wir von einer Vergleichbarkeit, die ich nie zuvor und niemals danach wieder erlebt habe.
Ich traf nun also den einen Thomas aus der Geschäftsleitung am Geldautomaten. Er war auf dem Weg zu einem Bäcker, der noch wie früher – handwerklich – arbeitet. Manche nennen solche Unternehmen auch “Ost-Bäcker”. Ich weiß, was er meint. Solche Unternehmen haben es schwer und sind auf Kunden angewiesen, die ihre Arbeit zu schätzen wissen. Das ist wohl die Gemeinsamkeit mit einem Unternehmen wie [n]. Viele Menschen nutzen Systeme, an denen [n] mitgewirkt hat. Kaum einer weiß das. Für die meisten ist es vermeintlich ohne Belang.
Thomas und ich reflektierten die vergangenen zwei Jahre und wie sich [n] seit des Townhall Visionings entwickelt hat. Ich wurde in meiner Einschätzung bestätigt, dass ich damals “zu früh” dran war, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Die für mich wichtige Nachricht war: es geht weiter.
An diesem Sonntag traf ich auf meinem Weg niemanden. Ich genoß die Fahrt. es war sonnig, noch kühl und leicht feucht. Später Sommer, früher Herbst.
Nachdem ich am Vortrag kaum zum Frühstücken kam, hatte ich mir für den Sonntag mehr Zeit eingeplant. Der Erfolg war “so mittel”. In meinem Wertesystem kommt die Moral vor dem Fressen und das Gespräch sticht immer alles andere aus. Also wurde es ein wenig Rührei, ein anstatt zwei Brötchen und zwei schnelle Kaffee während ich mit Peter den Vortag reflektierte.
Ich suchte nach einem schmissigen Begriff für das, was im ‘Purple Space’ geschieht. Unter dem Eindruck, dem ich in meiner aktuellen Beauftragung ausgesetzt bin, thematisierte ich die Entscheidung als den Kipp-Punkt an dem die Fortentwicklung stattfindet.
Jede Entscheidung ist ein weiterer Schritt auf dem Weg der Entwicklung. Click To TweetDie Art und Weise, wie die Menschen miteinander Entscheidungen treffen und diese dann umsetzen, bestimmt den Möglichkeitsraum. Schau auf die Kultur, die Menschen in diesem Kontext miteinander pflegen. Aus dieser Umgangskultur bestimmt sich, ob es sinnvoll ist, einen Teil des Weges miteinander zu gehen.
Die Kultur ist der Auto-Selektor.
Durch den Impuls unserer Graphic-Recorder Tiziana thematisierte ich Schrödingers Katze und kam auf den Begriff “Schrödingers Katzenklappe”.
Im Purple Space entscheidet sich, ob die Katze tot oder lebendig ist. Und der Beobachter des Systems macht diese Unterscheidung – nicht die Träger des Systems. Wenn der Scrum Master, Coach oder die formale Führungskraft ein Thema aufbringen, dann ist genau das der Moment der Entscheidung. Ob ein solches Thema dann aufgenommen und fortentwicklet wird, das hängt nicht mehr am Beobachter, sondern am System selbst.
Das meint “Schrödingers Katzenklappe”:
Man greift durch die Katzenklappe in die Ungewissheit und greift sich aus dem komplexen Zusammenhang einen Aspekt heraus, betrachtet ihn im geschützten Raum des ‘Purple Space’ und verändert genau diesen einen Punkt. Danach betrachtet man den nächsten Punkt unter der Einwirkung aller vorherigen Auswirkungen. Aus komplexer Ungewissheit wird eine lange Linie von Entscheidungen. Diese Linie nachzuzeichnen ist kompliziert – das eine führt zum anderen und alles wirkt bis in ‘Jetzt’.
Das eine schwer, das andere ist leichtgewichtig.
/Begrüßung
Rolf nahm Gunter Dueck in Empfang und bereitete mit Micha unseren Sprecher für die Keynote unseres zweiten Tages vor.

Nach dem schon traditionellen “Hallo Rolf” und “Hallo Micha” erzählte Rolf noch die kleine Geschichte, wie wir zu unseren Sprechern kommen und wie es sich dieses Mal ereignet hat.
Die meisten halten das vielleicht für annekdotische Unterhaltung, tatsächlich ist es eine wichtige Resonanz des Marktes. Das Besondere: der Lieferant kann in solchen Live-Situationen den Moment ohne zusätzliche Verfälschung wahrnehmen.
Das erzeugt den Wert der persönlichen Anwesenheit. Für alle Beteiligten.
/Keynote: Wilddueck
Gunter Dueck hat mir sein Slidedeck zur Verfügung gestellt. Der Vortrag wurde aufgezeichnet. Ich gebe daher nur das für mich wichtige wieder.
Warum die Vorrede?
Ich habe innerhalb von 7 Tagen zwei von mir hoch geschätzte Personen befragt und beide kannten Gunter Dueck noch nicht. Das erstaunte mich. Ich nahm durch meine vorherige Erfahrung an, wer sich mit diesen Themen beschäftigt, kennt ihn. Im Umfeld Innovation und Arbeit wäre das quasi zwangsläufig. Es sind Unmengen von Mitschnitten und produziertem Zusatzmaterial auf Youtube erhältlich. Besonders irritierend ist, dass bspw. mein Kollege Norbert mehrfach Begriffe und Formulierungen verwendet, die auch in den Dueckschen Vorträgen für bestimmte gesellschaftliche Zustände stehen.
“I googled that for You.” Auf geht’s …
Wir lernten, warum Gunter Dueck in Anlehnung an eine Wildente bei IBM “Wilddueck” genannt wurde und das beibehalten hat. In der englischen Version heißt Sören Kierkegaards Geschichte “The Wild Duck” – zu deutsch “Die Wildgans”. Was soll ich sagen. Ich schreibe ständig über so etwas. Ich sage nur: Sicherheit – Safety – Security.
Logistische Intelligenz!
Das war ein Begriff, der mir einiges klarer werden lies. Ich habe es ständig mit Leuten zu tun, denen die innovative Intelligenz fehlt. Stattdessen wolle sie “A” in “B” verwandelt sehen. Blei möge zu Gold werden. Ganz unabhängig davon, dass “C” das ist, was wirklich gebraucht wird, “D” gewünscht wird und niemand eine püassgenaue Spezifikation von “B” beistellen kann. Man erwartet pünktliche Lieferung an einem Ort ohne Koordinaten.
Der wirkliche “Booster” dieses Vortrag war “kokoro“.
Mir war tief in mir drin immer klar, dass es eine “Stufe” nach “Ri” gibt. Ich habe das im Begriff “Großmeister” vermutet und bin dort noch nicht fündig geworden. Das, was nach der Meisterschaft kommt, ist die Essenz, der Kern, das Herz oder die Seele dessen, was man da tut. Es ist das, was jenseits der EgoBarriere entsteht. Jetzt habe ich einen Begriff dafür.

Diesen Punkt erreichen viele nicht und deshalb fühlen sie sich unvollendet, minderweitig und angreifbar. Aus meiner Sicht ist das der zentrale Grund für die ganze manisch-depressive Hysterie, die wir heute im ausgehenden Industriezeitalter erleben.
Menschen, die aus schwer nachvollziehbaren Gründen Macht anvertraut bekommen, verstehen die Natur der Sache nicht und handeln daher unangemessen. Sie machen “Druck” und verfehlen dadurch die Wirkung, die sie erzielen wollen. Im Foliensatz wird das hiermit ausgedrückt.

Als gestisches Mem hat uns Gunter Dueck eine Armbewegung angeboten, die viele meiner späteren Gesprächspartner übernommen haben. Mit dem Arm wird die Schwanzbewegung einer Katze nachgeahmt – eine langsame Welle. In Katzensprache bedeutet das: “gleich töte ich Dich”.
Der Hund in seiner logistischen Intelligenz sieht das Schwanzwedeln und interpretiert es in seinem eigenen Bedeutungssystem > “Wir verstehen uns” – als Statement.
Was dann passiert hat mit Fortschritt nicht viel zu tun, ist aber entscheidend. Der eine kämpft, der andere flieht, die meisten Entwickler stellen sich tot.
Und so befindet sich die Organisation in ständiger Kampfbereitschaft (BETA-Wellen) oder in der tatsächlichen Auseinandersetzung (GAMMA) miteinander oder dem Markt. Es gilt, ein Territorium, den Marktanteil, zu erkämpfen, zu sichern und gegen Eindringlinge zu verteidigen.

Dass dieses Terrain durch Menschen besiedelt ist, diese Menschen nur selten um Erlaubnis gefragt werden, und wenn, dann nur verschleiernd und irrefährend ist dann einer der Gründe, warum wir einstige Marktführer wie Google oder Facebook in der Zeit nach ihren PEAK-Performances sterben sehen werden – es fehlt das Herz. Die Organisation hat keine Seele.
Es gibt Unternehmungen wie UBER, die nie eine Seele besaßen. Und dann sind da noch Firmen wie Apple und Microsoft. Beide haben ihr Mojo verloren und auf unterschiedliche und jeweils sehr beeindruckende Weise zurückerlangt.
Wenn ein Unternehmen derart alt ist wie sagen wir mal SIEMENS, IBM oder DAIMLER, dann spielt man in einer anderen Liga. Dann gehört das regelmässige Neuerfinden (Anpassen an veränderte Bedingungen) zur DNS des Unternehmens.
Vor kurzem erfuhr ich, SIEMENS werde in drei Sparten aufgeteilt, von der jeder der Teilnehmer und natürlich Gewinner im “Merger-Endgame” seiner jeweiligen Branche sein soll. Wenn ich mich am Aktienmarkt engagieren würde, dann wäre das für mich ein Signal für eine mittelfristige Short-Position mit anschließendem Wiedereinstieg – nachdem der Pulverdampf des Gemetzels verzogen ist und der Überlebende vom Markt gekürt wurde – dem echten Markt, der sog. Realwirtschaft, nicht dem Finanzmarkt!
/11-12 WTF!?
Mit dem Bericht aus dieser Session tue ich mich schwer.
Der Michael erläuterte seinen Anteil in der beleuchteten Situation. Da ist ein Konzern, der einen anderen Konzern beauftragt, agil miteinander zu sein. Michael sei der Coach, der dieses Vorgehen begleiten solle. Seine erste Aufgabe war es, das Vorgehensmodell zu vermitteln.
Wir brauchten 1 Stunde, um zum Punkt zu kommen.
Die Gruppe versammelte einige Kompetenz in sich. Wir waren offen, respektvoll und kritisch. Weit über 100 Jahre Berufserfahrung trafen aufeinander. Es gelang uns nicht, das Vorgehensmodell zu plausibilieren. Volker nannte die vorgesetllten Indikatoren und Steuerungsinstrumente “Popometrie”.
Ich äußerte meinen Eindruck, die Messinstrumente zeigen den Beteiligten immer genau das, was sie sehen wollen. Es ist weder ein Simulator noch ein Emulator eines Mess- und Steuerungssystems. Es ist Fake. Eine Glaskugel. Es soll den Eindruck vermitteln, Steuerung zu ermöglichen.
Die Worte, die ich suchte, lieferte dann Lukas.
Es wird Subjektivität auf Irrelevanz abgebildet. Click To TweetIch bin Lukas so unendlich dankbar!
Zum einen bestätigt es, dass mir in dieser Situation kein Fachwissen fehlt. Nichts, was in Fachbüchern geschrieben steht, hätte geholfen, die Situation zu verstehen. Warum? Im Fachbuch steht das, was als ‘richtig’ überprüfbar ist. Das beschriebene System hält aber keiner objektiven Überprüfung stand, weil bereits die gewählten Mess-Parameter nicht wiederholbar und damit nicht objektiv überprüfbar sind.
Und wie erkennt man das nun?
Man kann an diesen Punkt nur kommen, wenn man weiß was ‘richtig’ ist, um diese Versuchanordnung als ‘falsch’ erkennen zu können. Dazu braucht man Erfahrung, die man machen muss und nicht kaufen kann. Man kann sie nur selbst machen oder Menschen mit Erfahrung bitten, das System zu beobachten. Kritisch wird es, wenn diese Menschen ihre Beobachtung teilen. Das ist meist nicht gewünscht. Ich verliere an solchen Stellen regelmässig meine Engagements. Der Zuckerguß bricht und der Blick wird frei auf das, was darunter liegt.
Oder wie die Mutter unserer Kinder einst formulierte:
Ich esse kein paniertes Fleisch. Mit Panade wird schlechte Qualität vertuscht.
Die gute Nachricht für den geschilderten Kontext ist: das System wird immer genau das liefern, was gewollt ist.
Die schlechte Nachricht ist: das System wird nie das liefern, was gebraucht wird.
Wir haben den Themenkomplex “Wollen vs. Brauchen” in unserem Buch bereits am Anfang abgehandelt. Im Kapitel “Kloßbrühe” in der Szene “Budgetplanung” geht es um die Mechanismen, die zu dieser Art von “Steuerung” führen und wie problematisch das für Coaches ist.
Auf den Punkt bringt es das Titelthema der Fernsehserie Suits.
Die Combo “IAMROBOT” intoniert dafür den “Greenback Boogie“.
Unsere Resonanzpartnerin Gabi hat das Kapitel jetzt schon zwei mal mit ihren Studenten bearbeitet. Die Seminarteilnehmer bekommen dann eine Vorstellung von der kognitiven Dissonanz zwischen wissenschaftlichem Lehrbetrieb und wirtschaftlicher Praxis. Ihr Vorteil: sie können sich das im geschützten Raum des Lehrbetriebs erarbeiten. Sie sind nicht dem vermeintlichen Handlungsdruck am Konzern-Arbeitsplatz ausgesetzt.
/Mittach
Durch die Session hat sich eine Gruppe aus Annett, Lukas und mir geformt. Wir verbrachten die Mittagszeit damit, uns näher kennenzulernen und die Perspektiven auf das Erlebte zu teilen.
Wir hatten eine ähnliche Sicht.
Aus unterschiedlichen Erfahrungshorizonten heraus ergab sich ein Tischgespräch, wie ich es mir seit Jahren wünsche. Endlich mal Leute, die Koexistenz von Kompliziertheit und Komplexität erkennen und das, was ich mit “Schrödingers Katzenklappe” meine als Ausdruck von Entropie erkennen. Durch die Entscheidung entsteht Ordnung und gleichzeitig stirbt ein Teil des Themas. Leben läuft entlang einer nicht genau bestimmbaren Linie zwischen Ordnung und Unordnung. Die Neurowissenschaft kennt seit kurzem das Bild für das Gedächtnis als einem präparierter Skihang, auf dem eine Lawine abgegangen ist. Ein Teil ist im Ordnungszustand, ein anderer Teil unter den jüngsten Ereignissen in Unordnung geraten. Theta und Delta-Wellen sind die Pistenbullies des Gehirns. Bei Ruhe und Entspannung stellen sie die Ordnung mit dem neu dazu gekommenen Material her.
Lukas brachte mich wegen unseres Buchtitels auf das Buch “The Art of Action”. Ich kannte es nicht und habe bisher nur die Rezensionen gelesen. Die Inhalte sind mir aber bekannt und die nach den Rezensionen enthaltenen Erkenntnisse sind mir auch durch die familiären Hintergründe bekannt. Das, was unser Buch beschreibt, ist das, was danach kommt. Weder Marktbegleiter, noch Kunden, noch Nutzer sind etwas, das mit militärischen Mitteln behandelt werden sollte.
Das Gespräch war aufschlußreich, bestätigend, inspirierend und lang. Es füllte den verbliebenen Rest der Mittagspause. Für mehr blieb keine Zeit.
Ausser: ich erhielt wertvolle Resonanz aus dem Auditorium. Zwei Teilnehmer dankten mir unabhängig voneinander für meine Frage an Gunter Dueck im Zusammenhang mit der Keynote. Das ist neu. Beim letzten Mal fragte ich Arie van Beckenum nach dem Zusammenspiel von Lieferung und Dokumentation. Etliche Teilnehmer reagierten irritiert. Ich lies mich davon nicht beirren. Ich kenne die Wirkung von guter und schlechter Dokumentation. Ich kenne den Wert, den technische Redakteuretechnische Redakteure beitragen. Der Patenonkel meines Bruders verantwortete das Weight & Balance Manual (WBM) für mehrere Airbus-Typen.
Wie lautete die Frage?
Mich trieb schon seit Jahren die Frage um, wie es denn sein könne, dass das System IBM die Komponente Dueck nicht ausgestossen hat. Und so fragte ich nach. Die Erkläurung lautet in kurz:
Dueck ist fachlich zu gut, um ignoriert zu werden.
Und dann gibt es da noch die systemischen Mechanismen. Gunter Dueck wurde als Gruppenleiter Fellow von IEEE. Das werden nur wenige. Und bei IBM gab es die Regel, die diese Eigenschaft mit einem Direktorengehalt verknüft. Und also rückte der fachlich exzellente Gruppenleiter auf in den C-Level. Das hatte nichts mit Führungskompetenz oder Buddy-Nets zu tun. Es war einfach die Regel. Die hierarchische Position muss mit der Entlohnung übereinstimmen – unabhängig davon, was nun das eine oder andere bedingt hat. Normalerweise wäre die Sequenz eine andere: erst Position, dann Bezahlung.
Und nun wurde es unbequem.
Beide Seiten haderten mit dem Verständnis voneinander und mit dem Schmerz, den das erzeugte. Es passte nicht aufeinander und wenn man den Kernaussagen der Dueckschen Schmerztherapie, den durch ihn geschriebenen Büchern und gehaltenen Vorträgen, glauben schenkt, dann war das auch bis zum Ende der Zusammenarbeit so und nicht anders. Das System konnte die Komponente Dueck nicht auf der fachlichen Ebene ausspielen. Und so bestand diese Tainted Love solange, bis es einer Seite zuviel wurde.
Love it – change it – leave it.
/14-15 Fishbowl fiel ins Wasser
Nach der Mittagspause, zum schönsten Suppenkoma, lümmelten wir uns wieder in der “X-Lounge”. Das ist dieses Amphitheater im Spinlab. Dieses Mal übersät mit BeanBags – eigentlich zum Sitzen. Für uns waren sie mehr Kopfkissen.
Mein Lieblingsplatz.
Ich habe fast alle meine Sessions auf den agiLEipzig Barcamps bisher dort durchgeführt. Nachdem am Vortrag die Sache aus dem Ruder lief, wollte ich es nun anders machen. Am Vortrag habe ich für meinen Geschmack viel zu viel Wissen zur Abholung an die Rampe gestellt. Danach entwickelte sich ein Dialog mit Volker, den ich für wirksamer hielt als eine Frontalbeschallung. Und so bot ich das selbe Thema als Fishbowl an.
Es kam noch besser.
Die meisten derjenigen, die sich versammelt hatten oder von der vorherigen Session übrig blieben, kannte ich bereits. Ich nehme an, sie kennen sich auch untereinander. Wir haben uns nicht groß vorgestellt. Micha bezeichnete sich im lockeren Warmup als ehemaliges lokales Maximum. Diese vieldeutige Blödelei verstehen diejenigen, die sich bereits mit Wertstromanalyse, ToC, Prozessengpässen und dergleichen beschäftigt haben. Das lokale Maximum – der Held – ist die Komponente im System, die Gesamtleistung des Systems begrenzt und damit bestimmt. Je mehr Helden, umso geringer die Leistungsfähigkeit.
Die höchste Erhebung ist die wirksamste Begrenzung.
Gegenmittel: Augenhöhe. Erinnert sich noch einer an das Gehalt des CEO Steve Jobs bei Apple? Es wird berichtet, es war 1$. Und er war bereits Nachahmer. #NewPay.
Die Lockerheit im Umgang ist die Atmosphäre, die man braucht, um das wahrhaft Großartige miteinander zu erreichen. Das war auch der Konsens mit Volker vom Vortag. Wir brauchen einander nichts vorzumachen. Wir können miteinander auf die Sache fokussieren und jeder einen Beitrag leisten, um diesen Moment einzigartig, großartig und erinnerungswürdig zu gestalten.
Und so sprachen wir über die Systeme, die wir in unseren Rollen betrachten. Wir sind alle in irgendeiner Form Entwicklungsbegleiter. Wir beobachten Menschen und bekümmern uns beim Anblick ihres Versagens. So gesehen waren wir alle Brüder im Leid. Die Schwestern kamen später und nahmen an diesem Austausch nicht teil.
Die Kernfrage, die auch mich seit Jahren umtreibt, handelt von der Irritation, der kognitiven Dissonanz, der Wahrnehmungen von ein und demselben Moment. Peter befragte kürzlich Teilnehmer eines Termins unabhängig von einander und hatte den Eindruck, die Menschen redeten von unterschiedlichen Terminen.
Das Duecksche Schwanzwedeln: “Wir verstehen uns”.
Wie kann das sein? Ja, Hunde und Katzen. Aber das ist es nicht. Das bringt es nur zum Ausdruck. Typfrage, Genetik, Sozialisation? Schon eher. Aber auch noch nicht wirklich. Ich persönlich bin in der Situation, über familiäre Geschichte, hohes Bildungsniveau, fragmentarischen Lebenslauf und viel verdientes Geld an den Punkt gelangt zu sein, an dem ich behaupten kann, worauf es ankommt.
Geld vernebelt den Geist.
In der Woche zuvor war ich mir bereits mit meinem Kollegen Norbert (theoretischer Physiker) einig, dass Zahlen Gift für die Erkenntnis sind. Sie vermitteln den Eindruck der Objektivität und verhindern weitere Dialoge. Tatsächlich wissen wir aber selten mehr als nichts über die Aussage hinter der Zahl. Ohne Währungseinheit kann sie alles bedeuten. Im Buch verwenden wir den Metric Mishap zur Verdeutlichung. Eine zu starke Verkürzung in der Kommunikation führte zum Verlust eines 125 mio US$ Orbiters. Tja …
OK. Und warum korrigiert man es dann nicht?
Die Sache ist komplex. Zum einen fehlt die Kenntnis. Zum anderen wird Übertragbarkeit bezweifelt. Es geht ja auch selten um Menschenleben. “Bei uns ist es aber anders.” Und so wird weitergehetzt im Effizenzwahn. Und wenn sich dann doch einmal die Erkenntnis unausweichlich ist, weil man nun wirklich alle Fehler gemacht hat, dann will man Menschen in das System einbinden, die sich aus unterschiedlichen Gründen weigern. Man legt dann immer mehr Scheine auf den Tisch und meint, mit diesem “Schmerzensgeld” etwas bewegen zu können.
Geld betäubt den Schmerz.
Und genau das ist der Kern in der nicht ganz so “freien Wirtschaft”. Anstatt die Signale wahrzunehmen, zu deuten und die Botschaften dahinter zu entschlüsseln, wird immer mehr Betäubungsmittel (Geld) in das System gepumpt, damit diese Signale ihre Aussagekraft verlieren – oder gar nicht erst entwickeln können (s.o.).
Ich kenne die Funktion des Schmerzes.
Der Schmerz ist uns gegeben, um unser Lernen zu überprüfen. Sind wir auf dem richtigen Weg? Fühlt sich das gut an? Wo verlieren wir den Kontakt zur Umgebung?
Ich trainiere mit Freigewichten. Ich fahre Fahrrad und hatte mal einen alten Mini – ohne Servolenkung.
Ich baue meine Systeme selbst. Früher stationäre PCs und Server mit Windows-Architektur – heute RasPI mit Linux-Derivaten.
Apropos. Ich habe seit es auf den agiLEipzig Barcamps die Spielekonsole gibt, immer rübergeschielt. Ich hatte nie eine. Dafür war ich zu früh geboren und war dann später zu beschäftigt. Dieses Jahr habe ich diese Erfahrungslücke geschlossen. Ich habe mir mein eigenes System geschaffen. Mit RasPI, Lakka, Powerbank und einem Campingfernseher habe ich jetzt eine schizophrene Spielekonsole. Sie weiß nicht, ob sie SNES, Gamecube oder Playstation ist. Es wurde sogar Doom 3D mitgeliefert. Mal schauen, ob ich noch Command & Conquer zum laufen bekomme …

Meine Kinder mögen am liebsten Donkey Kong.
Das Spiel in der SNES-Variante ist von 1994 und ich bin schwer beeindruckt, wie Steuerung, Grafik und Spielwitz hier eine Einheit bringen. Mein Sohn konnte schon nach wenigen Wochen mit dem Spiel besser umgehen als ich. Er spielt mit seiner Schwester im Team. Wenn’s kniffelig wird, übergibt sie an ihn. Genau dieses Verhalten behindert ihren Lernfortschritt. Aber das ist ein anderes Thema, über das es bereits Bücher gibt.
Was habe ich gelernt?
Wege beschreiben ist in der Agile-Community nur der zweitbeste Weg. Am besten ist es, wenn sich die Menschen einen Weg suchen, weil sie an ein Ziel gelangen wollen. Dazu kann man bestehende Räder nutzen und muss sie nicht neu erfinden – Danke, Peter! Das machte den Weg frei.
Die Essenz bisher:
- Die Kultur der Organisation bestimmt ihren Erfolg.
- Die Integrität von Erkenntnis, Entscheidung und Handlung bestimmt die Agilität.
- Die Qualität der Beziehung bestimmt die Nachhaltigkeit der entstehenden Handlung.
Fortschritt entsteht durch Entscheidungen. Wenn über eine Entscheidung und das durch sie erreichte Ergebnis nicht mehr nachgedacht werden muss, dann ist der Fortschritt erzielt. Der Fortschritt ist verinnerlicht und kann durch alle Beteiligten vorausgesetzt werden. Er ist mehr als ‘Common Sense’ er ist ‘Common Groud’. Der ‘Common Sense’ ist der kulturelle Kontext in dem wir handeln, wohingegen das ‘Common Understanding’ die lokal gültige Bedeutung ist. Vorsicht: kann abweichen! Nur weil jemand das selbe Wort verwendet oder auf eine vermeintlich gleiche Art handelt, heißt das noch lange nicht, dass Einigkeit herrscht (Stichwort: hidden agenda) – Schwanzwedeln.
Der Ort, an dem das alles wirksam wird. Der Ort an dem das zusammenkommt und der Fortschritt seinen Ursprung nimmt, das ist der ‘Purple Space’. Er ensteht aus der Mischung der kulturellen Herkunft mit der persönlichen Perspektive. Die Beteiligten erzeugen den ‘Purple Space’ durch verabreden und vor allem Praktizieren gemeinschaftlicher Kultur und Teilen der eigenen Sicht, damit sie Bestandteil des gemeinsamen Verständnisses wird.
Das ist nicht neu.
Es ist auch nicht sonderlich außergewöhnlich. Und ich hoffe, viele von uns haben schon erlebt, wovon ich spreche. Manche bezeichnen das als Freundschaft. Aber der Begriff ist seit Fakebook auch verbrannt. Wieder andere sprechen von ‘Liebe’ und eröffnen damit ein neues Minenfeld. Gerald Hüther nennt es ‘Supportive Leadership’, wenn er von Managern verstanden werden will. Signal: das ist etwas anderes als ihr tut.
“Lerne zu unterscheiden ohne zu trennen.”
Das sei ein Merksatz, den Sören dem Gerhard Wohland zuschreibt.
Ich glaube ihnen. Beiden.
/15-16 Endgame
Christoph Schreiber von PLUSPOL interactive lud zum Impro-Theater.
So wie es deren Unternehmenswert entspricht, dachte Christoph nicht nur mit, sondern weiter. Er gehört zum Freundeskreis der Theater Turbine und ist überzeugt, dass die Techniken auf der Theater Bühne auch helfen, Front-, Center- und Backstage von Unternehmen zu bespielen.
Tobias und ich sind da ganz bei ihm. Wir betrachten Innovation im Geschäftsbereich als Business Impro Theater. Noch haben wir wenige Mitspieler. Und wir haben Zuversicht. Die Theater Turbine besteht auch schon seit ein paar Jahren. Ich glaube, ich war bereits in den 00er-Jahren in der NaTo dabei. Will sagen: Dinge brauchen Zeit zur Entwicklung.
Bevor es mit Christophs Session los ging, musste ich noch Ballast ablassen. Ich machte den Umstand transparent und eine Teilgeberin der späteren Session kommentierte das als TMI.
Ich entgegnete:
Ich verkaufe nur die Karten für's Kopfkino. Du gehst selbst in die Vorstellung. Click To TweetDiesen wunderbaren Satz habe ich von einer Agility Mistress gelernt, deren Coach ich sein durfte.
Apropos lernen. Beim verfassen dieses Artikels und beim Heraussuchen eines erklärenden Links habe ich ein wunderbares neues Wort gerlernt: “oversharing“. Das ist ein Phänomen unter dessen Begleiteffekt ich wohlmöglich leide. Allerdings anders als es in dem Artikel besprochen wird. Ich nutze definitiv die drei Gegenmittel die dort genannt werden: “time, consideration and reflection”. Das ist ein Grund, warum diese Artikel so mühsam sind, dass ich mich frage, wie lange ich sie noch verfassen werde. Nur mein ursprünglicher Antrieb bewegt mich noch, um diese Worte zu ringen und für eine unbekannte Nachwelt festzuhalten. Ich lerne noch.
Und ich wünsche mir mehr inspirierende und erklärende Menschen um mich herum. Deshalb biete ich Einblick in meine Verständniswelt und die Mechanismen, die ich um mich herum erkenne. Ich verstehe das als Einladung. Auf viele Menschen wirkt das abschreckend.
Auto-Selektion.
Volker teilte mir am vorhergehenden Nachmittag mit, er würde manche meiner schriftlichen Formulierungen als übergriffig empfinden. Ich nehme das sehr ernst. Ich interpretiere das als Auswirkung einer Umgebung, die ausschließlich “pushy” agiert und alles auf dem Silbertablett serviert haben möchte. Eigenanteil ist dort explizit auf das Bereitstellen von Budget reduziert – ‘A’ in RACI. Ich bin dabei, dieses Umfeld hinter mir zu lassen. Ich gehe davon aus, das wird auch Einfluss auf meinen Ausdrucksweise haben.
Jetzt aber zum eigentlichen Angebot von Christoph.
Er hatte ein paar übliche Impro-Theater Formate auf dem Zettel:

Sie taten ihre Wirkung und wir wurden miteinander immer besser. Aus irgendeinem Grund machte die Gruppe einen Bogen um eine Übung. Christoph bot sie immer wieder an und die Gruppe war noch nicht so weit.
Als wir dann kurz vor knapp nur noch zwei Übungen auf dem Zettel hatten, entschieden wir uns endlich für die “Superkräfte”. Einer steht vor der Gruppe und praktiziert eine Geste.
Die Gruppe reagiert drauf.
In der Vorübung schnippste einer und jemand anderes lies sich daraufhin auf den Boden fallen. In der Wiederholung gelang das noch einmal. Allerdings tat es nur eine Person anstatt die ganze Gruppe. Ziel verfehlt?
Vielleicht lag es daran, dass es nicht wie verabredet war?
Wir bildeten einen Kreis und irgendjemand machte die Geste und irgendjemand anderes reagierte darauf. Erst als es passiert war, realisierte der Rest der Gruppe den Zusammenhang zwischen Schnippsen und Fallen lassen.
Dann stellte sich einer vor die Runde (Halbkreis).
Wir begannen mit Dirigentenbewegungen. Später verwendete ich eine Geste wie Johnny Nmemonic (Keanu Reeves) beim Durchsuchen der Datenbestände. Ich zog, schob und drückte die Übrigen. Guess what? Ein großartiges Gefühl. Die dunkle Seite der Macht.
“Das Volk kürt den König.”
Das war mein wichtigstes Lernerlebnis aus diesem Wochenende. Ich wusste das alles. Ich habe das alles schon mal erlebt. Ich habe es reflektiert und wahrscheinlich auch transzendiert – hoffe ich zumindest.
Ich kann jetzt jedem zeigen, wie sich das anfühlt.
Jeder, der will kann es ausprobieren. Wie ist es, ein Gefolge zu haben? Wer macht die Regeln? Was brauchts? Wo ist die Grenze? Eine großartige Methode, das alles herauszuarbeiten. Wir haben jetzt ein Werkzeug, um den Purple Space spielerisch zu erschaffen – ganz ohne technische Abhängigkeit.
Vielen Dank, Christoph!
/Verabschiedung
Das Wochenende ging zu Ende. Es wurde Zeit, loszulassen.
Andernorts habe ich bereits behauptet, man erkennt die Reife eines Teams an seiner Art, Dinge in die Welt zu setzen. In der Softwarebrache heisst es so schon DEnglish: “Releasen”.
Micha und Rolf haben die Tage Revue passieren lassen.
Sie erzählten von ihren Erlebnissen, der vielen Vorarbeit, der Anstrengung und wie sehr es sich wieder gelohnt habe. Besonders beeindruckt hat mich ein extrem smarter Move von Micha. “So … wir machen jetzt eine Übung …” und dann hob er sein Lanyard mit Batch hoch und zog das Papier heraus. Auf einen Schlag waren alle Umhängetaschen für das nächste Jahr vorbereitet ohne dass eine Person eine unendlich langweilige Zeit, immer die selbe Handbewegung macht. Ob sich die übrigen Teilnehmer der Tragweite des Erlebten im klaren sind?
Rolf dankte den Familien, dass wir hier sein konnten.
Auch so ein Ding. Be2wusstsein für das Umfeld schaffen. Thomas Scholz wollte kommen. Ich habe ihn nicht gesehen. Leben kam wohl dazwischen. Es hatte sich angedeutet. Ich war nicht überrascht. Schade war es schon.
Dann bekam das Team seine transparenten Vorhänge. Ich habe nicht genau gezählt. Es waren mindestens drei. Ich glaube 5. Die Übergänge waren fließend.

Für alles. Nichts davon war selbstverständlich und nur wenig davon war vorhersagbar.
/mein Fazit
Ich bin immer wieder erstaunt, dass sich noch etwas verbessern lässt. In diesem Jahr: Multi-Ladestationen auf den Stehtischen:

Neu war in diesem Jahr auch der Dank an die Familien der Teilnehmer. Immerhin haben sie es zugelassen und damit ermöglicht, dass einzelne ihrer Mitglieder teilhaben durften.
Manche der daheim gebliebenen wissen auch bereits, was sie dafür bekommen. Nicht jeder muss persönlich vor Ort sein. Das wichtige und wirkungsvolle überträgt sich auch mittelbar.
Same, same, but different …
Ich selbst schaue mir immer seltener unterschiedliche Sessions an. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich mein persönliches Thema immer klarer erkenne. Es ist die Organisationskultur, die den Erfolg bewirkt. Alles andere ist Beiwerk.
/etc
Und sonst noch?
/Medien
Die verwendeten Fotos stammen von mir. Zu Beginn der Veranstaltung wurde darauf hingewiesen, dass Aufnahmen gemacht und veröffentlicht werden. Niemand widersprach und damit sind die Aufnahmen konkludent zur Veröffentlichung freigegeben.
Nimm, was Du brauchst und sag’ wo Du es her hast. CC-BY-SA.
Gunter Dueck hat mir sein Vortrags-Slidedeck explizit zur Verfügung gestellt.
Wen der gesamte Vortrag interessiert, der kann ihn hier ansehen und herunterladen.
Der gesamte Foliensatz wurde durch ihn unter Public Domain veröffentlicht.
/lebewohl
Lebe lang, in Frieden und Wohlstand.
Mögen sich alle Bedürfnisse in Realität auflösen.
/berühmteletzteworte
Das Leben verläuft in Kreisläufen. Manche sind größer, andere kleiner.
An Ihrem Ende findet sich kein Ende – nur ein neuer Anfang.
Sprich zu denen, die es angeht. Teile, was Dir wichtig ist.
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