Scrum Meetup Leipzig #1

Ich war überrascht und irritiert. Meetup.com spielte mir einen „Scrum & Agile Stammtisch“ für Leipzig aus. Ein paar der Mitglieder in der Meetup-Gruppe waren mir bereits aus der Gemeinschaft agiLEipzig bekannt.

Was ist das jetzt?
Braucht es das überhaupt?

Interessant war dann auch eine kurze Diskussion zwischen Anne und Rolf zur Positionierung der beiden meetups zueinander. Ich war gespannt und interessiert, was das ergeben wird.

Das größte Geschenk erhielt ich bereits, bevor der Termin überhaupt stattfand. Das meetup wurde von Anne Semko ins Leben gerufen. In ihr fand ich eine großartige Dialogpartnerin.

Mit Anne findet Resonanz in einer Tiefe und Treffgenauigkeit statt, die mich schwer beeindruckt hat.

Auch sie ist sich der Besonderheit unserer Interaktion bewusst. Wir hatten ein wenig Bedenken, wie dieses meetup ablaufen würde. Werden wir die übrigen Gäste mit Tiefe und Themen unserer Dialoge überanstrengen?

Und dann war es soweit.

/Jetzt geht’s los

Die Plätze waren auf 15 limitiert. Aus der Teilnehmerliste erwartete ich eine Reihe bekannter Gesichter aus der agiLEipzig-Gemeinschaft.

Es kam anders.
In der Vorstellungsrunde stellte sich heraus, dass ich wohl der einzige regelmässige Besucher der agiLEipzig-meetups war.

Ich bin da etwas schwammig in der Formulierung. Anne war beim gemeinsamen Meetup #16 mit VizThink dabei – ich war krank.

Die übrigen Teilnehmer stellten sich vor. Es gab weitere Überschneidungen – allerdings in anderen Themen wie “IoT am Beispiel der Netzstabilisierung mit BMW i3-Batterien“.
Anders als bei agiLEipzig-meetup leben und arbeiten nahezu alle von uns räumlich getrennt.

Hä?
Einer Veranstaltet Treffen in Leipzig und sein Unternehmen schafft die Voraussetzungen in Software hier vor Ort. 😉
Einer kommt aus Hannover und arbeitet für einen Kunden in Leipzig.
Ein anderer wohnt in Leipzig und pendelt täglich an den Potsdammer Platz.
Anne berichtete, sie würden sich auf EU und CH konzentrieren, weil USA, Südafrika und RoW zu anstrengend in der Abrechnung seien.
Ich arbeite überwiegend mit Menschen, die im Münchner Raum tätig sind – von Leipzig aus.

Was machst Du eigentlich?
Die Fragen, was uns hergeführt hat, waren ein klassischer Türöffner.
In meinem Fall traf sie mich etwas unvorbereitet.
Ich bin gewohnt zu erklären „als was“ ich arbeite.
Was ich mache ist eine ganz andere Sache.
Die Frage hat mir gezeigt wie schwer ich das in Worte fassen kann.
Nach einer Nacht drüber schlafen konnte ich es so ausdrücken:
„ich erschaffe die Bedingungen, damit etwas entwickelt werden kann.“

Ich bin soetwas wie ein Gastgeber, Umgebungsgestalter, ein Wirt den man für den eigenen Laden engagieren kann. Ich sorge dafür, dass das Leben einziehen und sich entfalten kann.

Über Jahrzehnte hinweg tat ich das über IT-Infrastruktur. Dann war es Software. Heute ist es verstärkt das Übertragen agiler Methoden auf Umgebungen, in denen mit Software gearbeitet wird. Allerdings sind die Ergebnisse nicht Software im eigentlichen Sinne. Es sind Ergebnisse, die mithilfe von Zusammenarbeit entstehen. Software und Entwicklungsmethoden sind dabei nur die Mittel zur Erfüllung des eigentlichen Zwecks.

Als ich meinen Werdegang so erzählte fiel mir auf, dass ich mehrfach sagte „… Jahre bevor …“. Mglw. Wird es in ein paar Jahren einen breit akzeptierten Begriff dafür geben, was ich derzeit mache.

Im weitesten Sinne ist es “Facilitator”. Aktuell verwende ich marktgängigere Begriffe wie Analyst, „agile Coach“, Scrum Master, PO und dergleichen.

Und sonst so?
Nachdem wir kurz unsere Herkunft abgeklopft hatten, gingen wir auf die gegenseitigen Biografien ein. Es stellte sich heraus, dass man mit einer Schulbildung aus der Ukraine im MINT-Umfeld ganz gut vorbereitet ist. Das rundete einen Eindruck ab, den ich andernorts bereits gewinnen konnte.

Wir kamen auf Banken zu sprechen. Wir tauschten Erfahrungen im Umgang mit den Blauen aus. Für uns sind deren IT-Probleme keineswegs verwunderlich – wir sahen in ihnen eher eine Folge fortgesetzten Handelns. Sie haben vor 10 Jahren nicht erkannt wen sie für was brauchten, vor fünf Jahren waren sie zu sehr von sich überzeugt und vor zwei Jahren ging es ihnen immer noch zu gut. Die Kursmarken der letzten Wochen wurden schon als “Nahtoderfahrung” bezeichnet. Das sind gute Voraussetzungen, um etwas zu verändern.

Ich brachte in dem Zusammenhang die Empfehlung für Eine Million oder ein Jahr – IT aus der Perspektive eines CIO einer Luxemburgischen Bank. An dieser Stelle ergänzte ich mit einer begeisterten Empfehlung der Mini-Serie Bad Banks.

Worum ging es eigentlich?
Nach dem Warm-Up über persönliche Herkunft brachte Anne unser eigentliches Thema erstmals ins Gespräch. Sie hatte ‚Retrospektiven‘ gewählt. Ich selbst frage mich bei dem Thema seit Jahren, warum es so etwas wie Retro-Müdigkeit gibt.

Ich befürchte, vielen ist überhaupt nicht klar, warum und wofür es diesen Termin gibt.
Ich bot daher im Vorfeld diese Fragen zur Annäherung an:

  • Was ist die Funktion der Retrospektive?
  • Welche Aufgaben gilt es zu erfüllen?
  • Welchen Zweck verfolgen wir mit diesem Termin?

So richtig mochte das Thema nicht verfangen. Wir kamen nicht in Schwung.
Möglicherweise, weil wir die falschen Diskutanten sind? Uns selbst ist die Bedeutung von Retros bewusst. Wir versicherten uns gegenseitig, dass die Retro der wichtigste Termin für den Scrum Master sei.

Nur in diesem Termin könne ein Fortschritt des Teams und nicht nur des Produkts bewirkt werden. Möglicherweise fehlt es in den jeweiligen Umgebungen schlicht am Verständnis daran, dass Erfolg von Menschen bewirkt wird?

Je besser die Resonanz miteinander erfolgt, umso großartiger wird ein Ergebnis ausfallen.

Real Greatness starts beyond #EgoBarrier

Über den Aspekt “Team-Harmonie” kamen wir zum Schätzen. Nach meiner Erfahrung können aufeinander eingeschwungene Teams per Planning Poker kontinuierlich im ersten Anlauf Konsens erzeugen. Allerdings ist das auch gefährlich, wenn dadurch ein harmonisiertes Fehlverständnis zelebriert wird.

Beispiel?
Ein Klassiker ist das Schätzen von Komplexität. Früher oder später kommen Sätze wie „OK, wir haben früher dafür eine 8 geschätzt. Heute würden wir die Story als 3 schätzen.“

Was passiert da? Es wird Aufwand oder Dauer anstatt Komplexität geschätzt.
Je erfahrener ich im Umgang mit etwas bin, umso treffsicher kann ich es umsetzen. Alle Fehlversuche und Übungsaufwände entfallen mit der Zeit. Das ändert aber nichts am Zusammenhang des Systemumfelds – der Komplexität des Kontextes.

Komplexität verringert sich nicht dadurch, dass ich Erfahrung im Umgang mit ihr habe.
Sie reduziert sich durch Entscheidungen, die Möglichkeiten ausschließen. Damit wird aus dem Vielfachen an Möglichkeiten am Ende das Einfache.

Wenn die selbe Story im selben Umfeld unterschiedlich geschätzt wird, deutet das auf einige versteckte Fehlannahmen hin. Das kann genug Material für einige Retros in Folge liefern …

Was noch?
Es gab Zweifel, dass Verwaltung agil handeln könne.
Das konnten wir aber schnell entkräften.

Agile Verwaltung – ja, das gibt es!
Ich berichtete im Kontext freiräume.camp 2018.

Im Rausgehen
In der Verabschiedung vor der Tür stellten wir angenehm überrascht fest, dass es noch IT-Gespräche ohne Blockchain geben kann. Normalerweise käme man innerhalb von 10 Minuten dorthin. Und von dort in zwei Sätzen zu Kryptowährungen und darüber zu Bitcoin.

Technologie (verteilte Transaktionsprotokollierung) und Anwendung (Währungstransaktionen) von Blockchain sind jedoch mehr als Bitcoin.

Das aber sind Themen, die mit unserer Gemeinsamkeit nur ganz am Rande zu tun haben.

Wer dennoch dazu etwas lesen möchte – bitte sehr:
• Bitcoin: der größte Betrug aller Zeiten
• Essence of Money

/Mein Fazit

Dieses Meetup bietet für mich eine schöne Ergänzung zur agiLEipzig Gemeinschaft.
Ich habe einen anderen Blick auf “den Markt” bekommen. Das letzte Mal hatte ich einen solch heterogenen Überblick Anfang der 00er-Jahre. Seither wechselte ich von einer Parallelrealität eines DAX-Konzerns zur nächsten. Mir Tat der Blick hinaus sehr gut. Für so etwas war ich dort.

Ich habe auch gelernt, dass der Typus „einsamer Wolf“ unter Programmierern zunehmend verschwindet – das kann ich so noch nicht aus eigener Erfahrung bestätigen.

Die Nachricht aber ist: Menschen mit einem hohen Potenzial für Asperger werden es zukünftig noch schwerer haben.

Interaktion wird immer wichtiger. Von mir aus gern wieder. Beim nächsten Mal …

/lebewohl

Lebe lang, in Frieden und Wohlstand.
Mögen sich alle Bedürfnisse in Realität auflösen.

/berühmteletzteworte

Verläuft Dein Leben im Kreis?
Leben verläuft in Kreisläufen. Manche sind größer, andere kleiner.
An Ihrem Ende findet sich kein Ende – nur ein neuer Anfang.

Sprich zu denen, die es angeht. Teile, was Dir wichtig ist.

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