Da sind wir wieder. Viele alte Bekannte bei Mercateo.
/Begrüßung
Möglicherweise gab es eine Begrüßung. Ich traf erst kurz vor 19:00 ein. Die Familie hatte Betreuungsbedarf.
Rolf übergab gerade an Alexander Krause.
/Vorstellung Flightlevels
Vor 11 Monaten stellte Klaus Leopold an genau dieser Stelle seine Sicht auf die Unternehmenswelt dar: Kanban Flightlevels.
Alexander gab dieses Bild nun mit seinen Worten wieder … zum Einstieg und auch zur Orientierung.

Mir fehlten in seiner Darstellung genau die Worte, die für mich seinerzeit die Erhellung brachten und im Übrigen auch Einfluss auf die Darstellung in unserem Buch nahm. Die zentrale Ebene ist für mich seither die mittlere – Flight Level 2. Dort werden die Themen mit den Personen zusammengebracht, die sie bearbeiten können, wollen oder beides.
Das Bild selbst hat sich für mich dadurch nicht geändert, nur der Begriff ist nun ein anderer: Koordination – Zuordnung oder Beiordnung mit Betonung auf “Ordnung”.
Durch die Zuordnung, die Beschaffung (EN: “ordering”) entsteht Struktur. Hier findet der Übergang, die Umwandlung, die Transformation statt. Was hier nicht auftaucht, entsteht nicht … oder wird später zu einer Störung.
/1, 2, 4 alle
Eine lustige Situation stellte sich danach ein. Wir sollten den nächsten Schritt zur Veränderung in unserer Organisation identifizieren und benennen.
In diesem Vorgehen erkannte ich die KATA aus der vorhergehenden Woche wieder.
Willi bat darum, das Vorgehen erläutert zu bekommen. Er sagte, er hätte das noch nie gemacht. Ich zeigte mich verwundert. Immerhin haben wir zwei genau das, beim 2. agiLEipzig Barcamp 2017 miteinander getan.
Ich traf mit Conrad und einem anderen, mir noch unbekannten Kollegen auf Florian.
Sein Punkt “gewann”. Von uns kam damit das Thema “Wahrnehmungsverzerrungen” auf die Gesamt-Agenda.

Florians Unternehmen wurde von “jetzt auf gleich” agil. Per “Anordnung von oben” wurde es von einem auf den anderen Tag von einer starren, hierarchischen Struktur auf eine fluide Team-Struktur umgestellt. Das machte den Weg frei für die wahre Herausforderung: mein eigener Blick auf die Welt.
Viele, vermeintlich “vollkommen klare” Ansichten stellen sich so als Wahrnehmungverzerrungen heraus. Allerdings erst, wenn man den Blickwinkel ändert.
Ich persönliche mache das dauernd und ich schreibe ständig darüber. Mir ist es daher hinlänglich bekannt.
Die größte Herausforderung für jeden Menschen ist das Erkennen der Wirklichkeit. Click To TweetWir selbst können niemals das ganze Bild erfassen. Wir brauchen immer andere und deren Augen dazu. Was dann daraus entstehen kann, das ist die Größe jenseits der #EgoBarrieren.
Viele begnügen sich allerdings mit einer getrübten Wahrnehmung an genau dem Ort, an den sie jemand anders platziert hat.
“Der Chef wird’s schon wissen …”
Und jetzt das Geheimnis: “weiß er nicht.”
/Pause
Bei den üblichen Bagels unterhielt ich mich weiter mit Florian. Mich faszinierte der große Wurf der Unternehmensleitung. Kein behutsamer Pilot und kein “gewachsenes Vorgehen” – aka 5 Jahre halbgarer Mist.
Ab heute ist es anders.
Punkt. fertig. Los geht’s. Es stellte sich heraus, es waren die ursprünglichen Gründer, die auf diese Weise das Unternehmen auch vor einer feindlichen Kulturübernahme schützen.
Das ehemals selbstständige Unternehmen wurde von der Allianz gekauft. Bei ähnlicher Firmenstruktur hätten nur sie (die Chefs) ausgetauscht werden müssen und das Unternehmen wäre direkt in die übergeordnete Struktur integrierbar gewesen.
So, wie es jetzt läuft, agiert es als Profitcenter ohne nahtlos im Konzern aufzugehen.
/Fitness der Frameworks
Im nächsten Schritt wurden unterschiedliche Transformations- und Skalierungsansätze angeboten. Jeder war eingeladen, sich an einen oder mehreren Orten einzufinden, um in der Gruppe herauszufinden, ob das jeweilige Rahmenwerk geeignet sein könnte, um eines oder mehrere der identifizierten Themen (“unser nächster Schritt”) zu lösen.
Ich selbst lies mir “Open Space Agility” von Alexander Krause erklären.
Er hat OSA als die Technologie hinter dem Open Space Beta von Niels Pfläging dargestellt.
Das Unternehmen identifiziert ein schwerwiegendes Problem, gewinnt damit diejenigen, die sich an der Lösung beteiligen wollen, erarbeitet eine Lösung und verprobt diese in insgesamt maximal 10 Iterationen. Danach kehrt Ruhe ein und die Auswirkungen werden betrachtet. Auf diese Weise werden pro Jahr maximal 2 größere Änderungen angestoßen und umgesetzt – eine im Frühjahr, eine im Herbst.
In der übrigen Zeit (Sommer und Winter) sind zu viele abwesend, weshalb eine groß angelegte Umsetzung unterbrochen werden würde. Vor allem im Sommerschlaf der Organsiation (Juni bis September) ist ohnehin nicht ausreichend Momentum vor Ort. Im Winter wiederum muss die erfolgreiche Ernte des Jahres gefeiert und die Aussaat für das nächste Jahr vorbereitet werden. Es bleiben also ohnehin nur diese zwei Änderungszeiträume.
Umso wichtiger ist die Problemstellung, die es in diesen Zeiten zu lösen gilt.
Und weil diese im Verlauf der bis zu 10 Iterationen nicht geändert werden darf, ist die Formulierung umso wichtiger.
Wir versagten in diesem Moment dabei, auch nur eines der Themen so zu formulieren, dass es als Problem erkennbar wurde.
Wie Alexander dann auch selbst einräumte, lag es wohl an seinem hohen Redeanteil. Er ist ein erfahrener Erklärbär und so kam es zu vielen Erörterungen und Nachfragen zum Framework an sich. Zu dem, was es bewirken könnte, kamen wir dann nicht mehr.
Erst geht es ums Prinzip, bevor es um die Sache gehen kann. Click To Tweet/Wrap up

So richtig durchschlagend geeignet schien keines der vorgestellten Frameworks gewesen zu sein.

Redlich bemüht haben sich die Kollegen um Scrum @ Scale. Ob mit S@S eines der 8 Themen umsetzbar wird, haben auch sie nicht erläutert. Nur, dass sie drüber gesprochen haben.
An einer der anderen Stationen wurde OKR bzw. ‘Scale Up’ besprochen. Christoph Becker stellte dieses Framework vor.

Und Mercateos aktueller Ansatz wurde etwas abseits präsentiert. Ich unterhielt mich viel und kam daher nicht wirklich dorthin. Aus der Ferne scheint er Elemente vom “Spotify-Modell” aufzuweisen.

Jetzt, wo ich mir das flüchtig aufgenommene Foto näher ansehe, scheint es doch eher einer Matrix-Organisation mit cross-functional Teams zu entsprechen.
Die Gefahr bei “soetwas” ist, dass der horzontale Wertstrom, durch vertikale Barrieren ohne Not zerteilt wird. Auf dieses Phänomen hat mich Lucas Schmidt, ein Partner von Kanban-Klaus, im Rahmen des jüngsten Barcamps hingewiesen. Es sei die Entwicklung, die er gerade innerhalb der Telekom beobachte und die für die Zukunft wenig Gutes verheiße. Schade eigentlich. Für einen kurzen Moment schien es (mir von außen) so, als hätte die Telekom verstanden. Aber möglicherweise haben sie selbst nicht erkannt, was sie richtig gemacht haben. Siehe unten: “beim ersten Mal kann man es nicht richtig machen.”
Wie kürzlich erwähnt, halte ich mich seit langem aus so etwas raus. Der Wertbeitrag den ich liefere, braucht einen unverstellten Blick von außen. Ich bin für die Ausnahmen und Störungen da. Die Regel bestimmen andere. Ich formuliere sie nur.
/Stellungnahme
Ganz offensichtlich sind alle diese Skalierungsansätze in der Lage, Arbeit im System zu organisieren. Allerdings sind sie nach meinem Eindruck aus sich heraus alle nicht geeignet, die Arbeit an der Organisation zu gestalten.
Warum?
Die Organisation ist ein System, das wiederum mit anderen Systemen interagiert. Die Organisation ist Bestandteil eines Ökosystems und kommuniziert mit ihrer konkreten System-Umwelt. So wie Nährstoffe und Energie in der Natur fließen, so fließt Material, Information und “Wert” im ‘Ökosystem Organisation’.
Diese Skalierungsframeworks steuern den Fluß der Arbeit – nicht die Kultur.
Ich biete daher schon länger die Gestaltungsprinzipien der Permakultur zur Berücksichtigung in der Organisationsentwicklung an. Die wichtigsten zwei Prinzipien sind für mich:
- Jede Funktion wird durch mehr als eine Komponente erfüllt.
- Jede Komponente übernimmt mehr als eine Funktion.
Durch diese Gestaltungsprinzipien wird Redundanz erzeugt, die zu Komplexität und damit Widerstandsfähigkeit (Robustheit; Resilienz) der Organisation führt. Sie erzeugt allerdings noch zu mehr. Durch die Funktionsverteilung werden Engpässe vermieden, die ansonsten bei reiner Kompliziertheit zu Fluss-Abbrüchen führt, wenn eine Komponente in einem Prozess-Schritt blockiert ist – bspw. durch Überlastung, Abwesenheit oder andere Verhinderungsgründe.
Wasser findet immer seinen Weg. Click To TweetEntweder führt es zusammen, zur Anstauung und irgendwann zum Dammbruch oder es findet den Weg des geringsten Widerstands.
Wer dann auch noch Kunden und Mitarbeiter als Nutzer des Systems Organisation versteht, der kann mithilfe einer User Story dieses System selbst gestalten. Die Topologie der Organisation kann so beeinflusst werden, dass auf unterschiedlichen, bestimmbaren, gestaltbaren, jedoch nicht genau verhersagbaren Wegen der Bedarf zur Deckung geführt werden kann. Je schneller – nicht zwangsläufig kürzer! – dieser Weg durchlaufen werden kann, umso agiler kann eine Organisation auf ihre Umweltveränderungen reagieren.
Ich habe das bereits beschrieben. Ich bezeichnete es schon damals als “Kung Fu der Systementwicklung.”
Und ich halte es mit Kanban-Klaus: wie auf der Lieferebene die Ergebnisse entstehen, ist unerheblich. Scrum, Kanban, Lean, Wasserfall … das Ergebnis zählt.
Gemünzt auf “unser” Thema “Wahrnehmungsverzerrung” könnte die User Story lauten:
Als Mensch bin ich in meiner Wahrnehmung eingeschränkt. Ich brauche die Perspektive anderer Menschen, um die Herausforderung in einer Situation ganzheitlich verstehen zu können.
Bedingungen (Contraints):
- Die anderen Menschen müssen eine andere Funktion haben als ich.
Wenn ich eine IT-Entwicklerrolle innehabe, benötige ich bspw. Vertrieb, Support und vor allem die Sicht des späteren Nutzers, um erkennen zu können, ob ich die Entwicklungsaufgabe richtig erfasst habe. - Ich brauche einen Ort und die richtge Zeit, um eine Aufgabe besprechen zu können (bspw. “Backlog Refinement-Meetings”).
- Ich brauche einen etablierten, geschützen Raum zur Kommunikation mit anders Denkenden und anders Sehenden (#PurpleSpace).
Akzeptanzkriterien:
- Drittverständliche Darstellung.
Andere müssen verstehen können, was ich sehe.
Ich/Wir müssen lernen, uns im Zusammenhang verständlich auszudrücken.
Ich/Wir müssen lernen, anderen zuzuhören. - Mindestens drei Perspektiven.
Nur wenn eine Aufgabe und die dazu vorgeschlagene Lösung mehr als nur zwei Perspektiven (“ich und du”) bedient, hat sie das Potenzial, nachhaltig zu wirken. “Das Wir gewinnt” … hieß es einst in der Fernsehwerbung. - Praxistauglichkeit erwiesen.
Erst wenn die entwickelte Lösung zur ZuFRIEDENheit, der Stakeholder beiträgt, ist der Entwicklungsschritt abgeschlossen. Die Lösung muss abgenommen werden. Das kann auch als Teilabnahme erfolgen. Wenn die gelieferte Lösung beiträgt, weitere Schritte erkennbar zu machen, dann war sie bereits erfolgreich.
Aber was ist denn jetzt die Lösung?
Als eine Lösung einer solchen, systemischen Aufgabe, kann bspw. eine Regel zur nachhaltigen Kommunikation formuliert werden. Die dazu erforderlichen Bestandteile sind alle bereits in dieser User Story enthalten.
Eine Lösung könnte sein:
“Wir treffen uns regelmäßig, um die anstehenden Aufgaben gemeinsam zu verstehen. Wir besprechen in einem Zeitraum von 10 Minuten eine Aufgabenstellung unter mindestens drei Gesichtspunkten, um daraus Umsetzungsmaßnahmen abzuleiten. Wenn mindestens 2/3 der Betroffenen (“Stakeholder”) zu der Auffassung gelangt sind, die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten eine dauerhafte Verbesserung erzielen, erteilen wir das Mandat zur konkreten Praxisverprobung.”
Eine solche Regel – gern auch auf die Eckpunkte 10 Minuten, 2/3 der Stakeholder, Umsetzungsmandat reduziert – könnte einer der Eckpfeiler sein, mit denen der #PurpleSpace errichtet wird.
/Und sonst noch?
Alexander sagte im Nebensatz etwas wichtiges, auf das aber niemand wirklich eingegangen ist.
Beim ersten mal kann ich es nicht richtig machen. https://twitter.com/agileChanges Click To TweetBeim ersten Mal kann ich es nur machen. Ich kann beobachten, wie sich das auswirkt. Erst durch das mehrmalige Tun, das Scheitern und das Anpassen sammle ich genug Daten (aka “Erfahrung”), um beurteilen zu können, welches Verhalten richtig und was alles “falsch” ist.
Auf dem Weg vor die Tür fragte ich Rolf im Fahrstuhl, wie er zu der KATA-Con aus der vorherigen Woche steht.
Wir hatten beide so unsere Schwierigkeiten mit der sehr vereinfachten Darstellung. Ja, auf der Ebene Shu und Ha war das, was wir erlebt haben gut und richtig. Mehr haben wir allerdings nicht erleben können. Rolf war auch am zweiten Tag vor Ort. Er hat noch die Vorträge der Dienstleister wie Flixbus und Zalando gesehen – in unterschiedlicher Tiefe wurde das wiederholt, was wir schon am Vortag aus dem Umfeld Produktion gehört haben. Fazit: die wiederholte, genormte und auf Organisationsebene einheitliche Übung sind die Grundlagen des Erfolgs. Leicht gesagt, schwer zu erreichen.
Ich ging dann mit Willi nach Hause. Er erzählte mir von einem Coaching, das er gerade erfährt. Genau so wie er habe auch ich eine permanente Herausforderung mit der Verarbeitung meiner kognitiven Dissonanz. Vieles von dem, was die “alte Welt” ausmacht, haben wir bereits für uns als falsch erkannt. Wir handeln anders und stoßen damit auf Widerstand. Die “neue Welt” ist meist noch nicht da. Leute wie wir müssen überleben, bis es soweit ist.
Wie gehen wir damit um?
Willi erzählte davon, wie er seinem Coach von sich und seiner Sicht auf die Welt erzählte. Sie ging daraufhin zum Rechner und suchte eine Profil einer “Führungskraft der Zukunft” heraus. Es sein Bestandteil einer Forschungsarbeit, die sie gerade begleitet. In 10 Jahren sei sein konkretes Profil das dann gültige Rollenmodell.
Jetzt muss er nur noch die Zeit dahin überbrücken …
/Medien
Die Fotos sind von mir.
Nimm Dir, was Du brauchen kannst und sage, wo Du es her hast. CC-BY-SA.
/lebewohl
Lebe lang, in Frieden und Wohlstand.
Mögen sich alle Bedürfnisse in Realität auflösen.
/berühmteletzteworte
Verläuft Dein Leben im Kreis?
Das Leben verläuft in Kreisläufen. Manche sind größer, andere kleiner.
An Ihrem Ende findet sich kein Ende – nur ein neuer Anfang.
Sprich zu denen, die es angeht. Teile, was Dir wichtig ist.
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